Volltext: Die Kämpfe im Baltikum nach der zweiten Einnahme von Riga

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Der Kampf um Südlivland. 
Der Kampfwert der Truppen. 
Zweifelhaft blieb in dieser schwierigen Lage der Kampfwert der Truppen, 
die den Streit mit den Esten und Letten auszufechten hatten. Die Landes¬ 
wehr war zwar eine draufgängerische, durch dauernde Erfolge verwöhnte 
Truppe, die aber für schwere Kämpfe nicht genügend ausgebildet war. Bei 
der Eisernen Division bestand das Gefühl, daß sie in Nordlettland für 
fremde, ihr zum mindesten ferner liegende Interessen kämpfen sollte, ein 
Gesichtspunkt, der den Freiwilligen von der innerdeutschen und der Entente- 
Propaganda immer von neuem vor Augen geführt wurde. 
Schwierig war nach wie vor die Führerfrage. Der Kommandierende 
General mit seinem Chef und dem Ersten Generalstabsoffizier fuhr zwar 
am 16. Juni nach Riga, aber nur zur Klärung der Lage und zur mittel¬ 
baren Leitung der Verhandlungen mit den Esten. Ein bereits voraus¬ 
schauend gegebener Angriffsbefehl des Generalkommandos wurde von dem 
lettländischen Kriegsminister übernommen und bestätigt. Die Leitung durch 
diesen mußte aufrechterhalten bleiben, zumal da eine Unterstellung eines der 
beiden im Rang gleichstehenden deutschen Befehlshaber unter den andern 
untunlich erschien. 
Sicherung Libaus und Rigas. 
Inzwischen hatte sich die Lage der Baltikumtruppen auch noch in anderer 
Beziehung zugespitzt. Die südlich der Düna stehenden Truppen hatten zwar 
keinerlei stärkeren Gegner vor sich, die Aufklärungsabteilungen der 2. Infan¬ 
terie-Brigade und der Eisernen Division streiften ungehindert bis in Höhe 
von Schönberg—Jakobstadt. Dafür aber mußte in diesen Tagen höchster, 
mit den Friedensverhandlungen zusammenhängender Spannung nun auch 
noch mit der Entente künftig als offenem Gegner gerechnet werden. Die 
Punkte, wo dieser Feind ansetzen konnte, waren Riga und vor allem das nach 
der See zu vollkommen offene Libau. Es war klar, daß, wenn die Entente 
wirklich im Baltikum angreifen wollte, das VI. Reservekorps nachhaltigen 
Widerstand nicht leisten konnte, wohl aber war die Abwehr eines Hand¬ 
streichs auch mit den beschränkten zur Verfügung stehenden Mitteln möglich. 
Die Vorbereitungen für diesen „Seesturm" genannten Fall traf das Ge¬ 
neralkommando am 16. Juni, indem es, abgesehen von der für den Fall 
des Scheiterns der Friedensverhandlungen bereits vorbereiteten Räumung 
Libaus'), vor allem den Schutz Rigas durch Sperrung der Düna-Mündung 
durch Minen2), die Bereitstellung von Steilseuergeschützen und die Be¬ 
setzung des Forts Magnusholm durch die Eiserne Division veranlaßte. Für 
') S. 6. 
2) Erwies sich wegen Materialmangels als unausführbar.
	        
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