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Kdtv.-Asp. Dr. Georg Jung
7. Komp.
Zug den Anfang. Gruppen von fünf bis sechs Männern
laufen mit dem Tod um die Wette. Im „Hexenkessel" tobt
eine satanische Musik. Schwere Granaten heben große
Trichter aus, schmettern gewaltige Stein- und Erdmassen
auf die sich in kurzen Abständen immer wieder nieder
werfenden Rainer. Schrapnellkugeln fahren klatschend in
den Boden.
Wie von Furien verfolgt, streben die Rainer dem zum
Verbindungsgraben führenden Ausgang am rechten Flü
gel der Hauptstellung zu. Manch einer hat ihn nicht mehr
erreicht. Auf halbem Weg hat ihn das Schicksal ereilt.
Zerschmettert, ein regungsloser Klumpen, Heldentod!
Der Feuerwall ist durchschritten, der Verbindungs
graben erreicht. Unter dem Eindrücke einer großen De
pression wirkt der Anblick der uns umgebenden Ver
wüstung noch erschütternder. Verwundete flehen uns an,
sie zurückzuschaffen. Wir müssen uns damit begnügen,
sie vor der feindlichen Infanteriewirkung zu schützen, denn
die gegen Flankenfeuer schützenden Traversen sind zer
stört. Ein Rücktransport hätte den sicheren Tod bedeutet.
Lagen von Schrapnells decken unsere Feldwachenstellung
zu. Steine und Sand rieseln jedesmal über die den Ver
bindungsgraben im Westen begrenzende Steilwand. An
seinem Südende liegt die Kaverne. Sie ist gefüllt mit Ver
wundeten. Und immer kommen neue dazu.
Fhnr. S ch u h m a n n ist trotz aller, fast unüberwind
licher Schwierigkeiten bemüht, Verwundete aus der Feld
wachenstellung gegen frische Kräfte auszutauschen. Das
wäre unmöglich gewesen, wenn nicht von Zeit zu Zeit vom
Als die Italiener nach einem übermächtigen Massenfeuer
ihrer Artillerie am 4. August 1916 zum Angriff vorbrachen,
war es u. a. auch Kdtt.-Asp. Dr. Jung, der sich bei der Ver
teidigung des Verbindungsgrabens in rühmlichster Weise
hervortat. Obwohl an Kopf und Fuß leicht verwundet, be
teiligt er sich an der Abwehr, wobei er durch ein Infanterie
geschoß neuerlich verwundet wurde. Dieser schweren Ver
letzung erlag der tapfere Offizier am 8. August 1916.
Mte. Seluggio wirkende Gebirgsgeschütze den Feind zu
einer Feuerpause verhalten hätten; denn der über eine
primitive Leiter führende Weg zur Feldwache ist voll
kommen eingesehen und durch Infanteriefeuer beherrscht.
Auf diese Weise gelingt es, einige Verwundete in die
Kaverne zu schaffen und an ihre Stelle Ersatzmänner
treten zu lassen. Und es war auch höchste Zeit! Gegen
10 Uhr vormittags wird das feindliche Feuer nach rückwärts
verlegt. Der Feind macht Anstalten, gegen den südlichen
Teil der Feldwache vorzugehen!
Das ist der Augenblick, auf den die Rainer sehnlichst
gewartet haben, der ihre Lebensgeister neu entfacht und
ihre Widerstandskraft mit Siegerwillen erfüllt. Der etwa
in der Stärke eines Zuges sich gegen die Feldwache rich
tende Angriff erstickt während seiner Entwicklung. Ganz
besondere Verdienste erwirbt sich hiebei das am linken
Flügel der Hauptstellung eingebaute, noch intakt ge
bliebene zweite Maschinengewehr. Kpl. Gießhammer
und Gfr. Ausweger sind es, die in prachtvoller Zusam
menarbeit jeden Versuch des Feindes, gegen unsere Feld
wache vorzugehen, verlustreich für ihn abweisen.
Lebhaftes Gewehrfeuer aus dem Raum des Verbin
dungsgrabens kündet den rückwärtigen Kameraden, daß
der Feind auch hier zum Angriff übergegangen ist.
Aber all dies ist ein vergebliches Bemühen. Auch dieser
Versuch des Feindes bricht im Handgranatenkampf kläg
lich zusammen. Unsere Verluste sind schwer. Kdtt.-Asp.
Dr. J u n g, der treue Helfer Fhnr. Schuhmanns, obwohl
an Kopf und Fuß leicht verwundet, beteiligt sich in hervor