Volltext: Der Feldzug im Baltikum bis zur zweiten Einnahme von Riga

Bürgerrecht und Siedlungsversprechen 
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29. Dezember 1918 den vielberufenen zweiten Vertrag abgeschlossen, nach 
dem jeder ausländische Freiwillige, der vier Wochen an der Verteidigung 
Lettlands teilgenommen hatte, das lettländische Bürgerrecht erhalten sollte1), 
ihre Politik war aber schon jetzt, zwei Monate nach dem Vertragsabschluß, 
ausgesprochen deutschfeindlich. Hinsichtlich der Siedlungsfrage befand die 
Regierung sich formell im Recht, weil in dem Vertrag vom 29. Dezember 
tatsächlich kein Siedlungsversprechen enthalten war. Ein solches war unter 
anderen Verhältnissen von den baltischen Großgrundbesitzern gegeben 
worden und wurde nun auf Grund des lettländischen Bürgerrechts mit dem 
Vertrag vom 29. Dezember in Verbindung gebracht. Die Verhandlungen, 
die der Generalbevollmächtigte des Deutschen Reiches mit dem lettischen 
Ministerpräsidenten im Januar über die Siedlungsfrage gepflogen hatte, 
waren nicht zum Abschluß gekommen. Sie blieb eine Machtfrage, deren 
Austragung beide Teile stillschweigend auf die Zukunft verschoben. Die 
deutschen Truppen versuchte Ulmanis lediglich als Hilfskorps, nicht als 
Okkupationsmacht zu behandeln und sich selbst durch die vertraglich aus¬ 
geschlossene Zwangsmobilisierung eine eigene Macht zu schaffen, was bei der 
Gesinnung eines großen Teils der Einwohnerschaft nach Ansicht des 
deutschen Generalkommandos der Aufstellung eines bolschewistischen Heeres 
im Rücken der deutschen Truppen gleichgekommen wäre. Das Ergebnis 
der Bemühungen der Regierung waren einige hundert Rekruten in Libau. 
Ihr Einfluß auf die Baltische Landeswehr beschränkte sich auf das lettische 
Bataillon des ehemals russischen Obersten Kolpak und war auch bei diesem 
äußerst gering. Die deutschen Teile hörten in erster Linie auf die Landes¬ 
wehrkommission, an deren Spitze Beauftragte des Baltischen National¬ 
ausschusses standen. 
Die Ententemächte trieben zwar um diese Zeit noch keine aktive 
Ostpolitik, stärkten aber der lettischen Regierung den Rücken. Dabei waren 
von vornherein die Engländer führend, weil sie wirtschaftliche Interessen 
wahren zu müssen glaubten, die Franzosen und Amerikaner im Baltikum 
nicht besaßen. Das Generalkommando fürchtete mit Recht, bei jedem Nach¬ 
geben in unwürdige Abhängigkeit von der lettischen Regierung und der 
hinter ihr stehenden Entente zu geraten und zusehen zu müssen, wie alles 
Deutsche und Deutschbaltische im Lande systematisch vernichtet würde. Seine 
Einstellung zu beiden blieb aber zunächst noch einigermaßen ungeklärt, 
weil man auch im Sinne der heimischen Regierung die Beziehungen zu 
*) S. Bd. I, S. 149, sowie Anlage 2.
	        
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