Volltext: Der Feldzug im Baltikum bis zur zweiten Einnahme von Riga

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Militärisch« Ereignisse bis Anfang Mai 
Die 1. Garde-Reserve-Division meldete Anfang April, daß 
die Gefechtsstärken durch Beurlaubungen und Entlassungen bedenklich 
heruntergegangen seien. Dies sei zum Teil durch die bestehenden Ver¬ 
sorgungsschwierigkeiten, zum Teil aber auch durch die verschärfte Disziplin 
zu erklären. Alle die Leute wanderten enttäuscht ab, die sich lediglich im 
Baltikum „gesund machen" wollten. Bei mehreren Truppenteilen, Detache¬ 
ment Maltzan, Eskadron Ulanen 16, seien neuerdings „Schwierigkeiten 
ausgetreten1)". Das 1. Garde-Reserve-Regiment berichtete, durch die Ruhe 
und die Möglichkeit, in Mitau baden zu können, habe sich die Stimmung 
gehoben, aber die Verpflegung sei „noch schlechter" geworden. Dem Regi¬ 
ment sei keinerlei Ersatz zugewiesen worden. 
Das Generalkommando erkannte an, daß die Verhältnisse hinsichtlich 
Unterkunft und Verpflegung in dem von den Bolschewisten völlig aus¬ 
geraubten Gebiet östlich der Straße Skaisgiry—Mitau besonders schwie¬ 
rig lagen. Der Nachschub an Ausrüstung sei unzureichend. Die Stimmung 
sei an sich nicht schlecht, aber die Leute zögen aus den geschilderten Ver¬ 
hältnissen in großer Zahl die Folgerung und kündigten. „Die Truppe 
hatte", steht in dem mehrfach angeführten Bericht des damaligen Haupt¬ 
manns von Rabenau zu lesen, „plötzlich im April keine Lust mehr, 
es mußte eine planmäßige Propaganda einsetzen, damit uns die Leute 
nicht massenweise kündigten. Einige Tage haben wir damals erneut vor der 
ernsten Gefahr gestanden, daß die Front sich einfach in ein Nichts auflöste. 
Auf Wunsch der Kommandeure hielt ich in dieser Krise von der Bühne des 
Stadttheaters in Mitau, eines in dieser Umgebung verblüffend schönen 
Barockbaues, eine ausgesprochene Propagandarede an die das Parkett und 
die Ränge dicht füllenden Soldatenabordnungen. Ich fand mich mit einigem 
Humor in die etwas merkwürdige, doppelsinnig theatralische Situation, 
möchte sie aber nicht wiederholen." 
Es gelang der Truppe klarzumachen, daß sie in Kurland ausharren müsse. 
„Nebenher mußte eine antispartakistische Agitation gehen. Die Spar- 
takus-Organisation hatte ihre erkannten Zentralen in Murawjewo und 
Schauten. Die Gefahr der Verseuchung der Truppe war groß." 
Bei der Eisernen Division fehlte es vor allem an ausreichender 
Bekleidung. Die Gefechtsstärken waren durch Kündigungen und Ausbleiben 
l) Beim Bataillon Maltzan hatten die Leute einer Vorpostenkompanie, aufgeputscht 
von einer Rotte bolschewistischer Hetzer, verlangt, hinter die Aa in Ruhe zurückgenommen 
zu werden. Es bedurfte des persönlichen Eingreifens des BataillonöführerS, um die 
Kompanie zur Pflichterfüllung zu bringen.
	        
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