98 Militärisch« Ereignisse bis Anfang Mai Die 1. Garde-Reserve-Division meldete Anfang April, daß die Gefechtsstärken durch Beurlaubungen und Entlassungen bedenklich heruntergegangen seien. Dies sei zum Teil durch die bestehenden Ver¬ sorgungsschwierigkeiten, zum Teil aber auch durch die verschärfte Disziplin zu erklären. Alle die Leute wanderten enttäuscht ab, die sich lediglich im Baltikum „gesund machen" wollten. Bei mehreren Truppenteilen, Detache¬ ment Maltzan, Eskadron Ulanen 16, seien neuerdings „Schwierigkeiten ausgetreten1)". Das 1. Garde-Reserve-Regiment berichtete, durch die Ruhe und die Möglichkeit, in Mitau baden zu können, habe sich die Stimmung gehoben, aber die Verpflegung sei „noch schlechter" geworden. Dem Regi¬ ment sei keinerlei Ersatz zugewiesen worden. Das Generalkommando erkannte an, daß die Verhältnisse hinsichtlich Unterkunft und Verpflegung in dem von den Bolschewisten völlig aus¬ geraubten Gebiet östlich der Straße Skaisgiry—Mitau besonders schwie¬ rig lagen. Der Nachschub an Ausrüstung sei unzureichend. Die Stimmung sei an sich nicht schlecht, aber die Leute zögen aus den geschilderten Ver¬ hältnissen in großer Zahl die Folgerung und kündigten. „Die Truppe hatte", steht in dem mehrfach angeführten Bericht des damaligen Haupt¬ manns von Rabenau zu lesen, „plötzlich im April keine Lust mehr, es mußte eine planmäßige Propaganda einsetzen, damit uns die Leute nicht massenweise kündigten. Einige Tage haben wir damals erneut vor der ernsten Gefahr gestanden, daß die Front sich einfach in ein Nichts auflöste. Auf Wunsch der Kommandeure hielt ich in dieser Krise von der Bühne des Stadttheaters in Mitau, eines in dieser Umgebung verblüffend schönen Barockbaues, eine ausgesprochene Propagandarede an die das Parkett und die Ränge dicht füllenden Soldatenabordnungen. Ich fand mich mit einigem Humor in die etwas merkwürdige, doppelsinnig theatralische Situation, möchte sie aber nicht wiederholen." Es gelang der Truppe klarzumachen, daß sie in Kurland ausharren müsse. „Nebenher mußte eine antispartakistische Agitation gehen. Die Spar- takus-Organisation hatte ihre erkannten Zentralen in Murawjewo und Schauten. Die Gefahr der Verseuchung der Truppe war groß." Bei der Eisernen Division fehlte es vor allem an ausreichender Bekleidung. Die Gefechtsstärken waren durch Kündigungen und Ausbleiben l) Beim Bataillon Maltzan hatten die Leute einer Vorpostenkompanie, aufgeputscht von einer Rotte bolschewistischer Hetzer, verlangt, hinter die Aa in Ruhe zurückgenommen zu werden. Es bedurfte des persönlichen Eingreifens des BataillonöführerS, um die Kompanie zur Pflichterfüllung zu bringen.