Volltext: Alpenkrieg

gipfeln. Sie freuten sich der Wildheit der Natur, die sie 
besiegen wollten, sie machten nicht halt bei den Wetter¬ 
kreuzen, die das Reich der Menschen und des Gekreuzig¬ 
ten begrenzten gegen die andere, die dämonische Welt. 
Und wenn auch da und dort einer solches Beginnen mit 
dem Leben bezahlte — es fanden sich immer neue, die 
Seil und Pickel des Gefallenen aufrafften und ihr Leben 
einsetzten, um das Reich der Bergschönheit bis zum 
letzten Turm, bis zur letzten Felsnadel zu erobern. 
Noch nicht hundert Jahre sind es her, seit man 
die Gipfel der Zentralalpen erstmalig zu besteigen ver¬ 
suchte. An die Dolomiten wagte man sich erst viel später. 
Damit aber war ein Paradies entdeckt, von dem man 
bisher kaum eine Ahnung gehabt hatte. Die Zahl derer, 
die das Wunder sehen wollten, wuchs von Jahr zu Jahr. 
Es war mühsam, auf den elenden Karrenwegen vorwärts¬ 
zukommen, auf Maultieren und Saumpferden über die 
Joche zu reiten. Man mußte das neue Paradies allen 
Bergfreunden erschließen, mußte Straßen und Unter¬ 
künfte bauen . . . 
Und da tauchte mit zwingender Gewalt auch ein 
zweites neues auf, lenkte seinen Eisentritt in die stil¬ 
len Täler: Krieg! 
War Tirol nicht oft heiß umkämpft worden? Hatte 
es nicht mehr als einmal furchtbar geblutet, nicht weil 
es reich war und fremde Eroberer reizte, sondern weil 
es die Tore von Norden nach Süden, von Osten nach 
Westen in seinen Bergen und Pässen hegt? Aber damals 
hatte man um diese Tore gerungen, war in den Haupt- 
tälern geblieben. Die Dolomiten blieben verschont, sie 
waren eine unbekannte, wilde und arme Gegend. Kaum 
daß der Kreuzberg bei Sexten manchmal ein Streif- 
kommando sah. 
Aber jetzt, jetzt war das anders! Krieg im Zeit¬ 
alter der Technik heißt Fronten bilden von Meer zu 
Meer, heißt alles überwinden, was dem Griff an die 
Kehle des Feindes hindernd ist. Die Dolomiten waren 
Grenzland zweier alter, unversöhnlicher Rivalen. Sie 
mußten früher oder später zum Kampfplatz werden. 
Diese drohende Gefahr veränderte in den letzten 
zehn Jahren vor Ausbruch des Weltkrieges das Wesen
	        
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