Volltext: Das Bild als Waffe

der gegen die deutsche Monarchie neue Nahrung erhielt. Mit der Hetze 
gegen die deutsche Führung wurde das eigentliche, zunächst noch offen 
zugegebene Kriegsziel des Feindbundes: die machtpolitische und wirtschaft¬ 
liche Vernichtung Deutschlands, zugunsten einer angeblich und auch tat¬ 
sächlich, aber nicht als einziges Ziel angestrebten, innerdeutschen Struk¬ 
turänderung überdeckt. Der Unterschied zwischen wahrer Absicht und 
zweckbestimmter Propagandamache des Feindes ist dem deutschen Volk 
in den Wochen und Monaten nach der Ausrufung der Republik mehr als 
handgreiflich klargemacht worden .. . 
Das Maß der über den Kaiser ausgeschütteten Hetze ist gewaltig: 
e r verkörperte Deutschland, e r war der oberste Kriegsherr, i h m legte 
man alle angeblich von den Deutschen begangenen Verbrechen zur Last. 
Zuletzt war er ein «fabulous Monster», eine Art sagenhaftes Ungeheuer, 
der Abscheu der Menschheit. 
Wie sieht die Bildsatire den Kaiser? Auf diese Frage eine erschöpfende 
Antwort zu geben, wäre unmöglich; wir begnügen uns mit einer kurzen 
Aufzählung der Haupttypen. 
Da ist der «imperial spadassin», der Metzger, der von Gott verdammte 
Kain, der neue Herodes (wegen der Versenkung der Lusitania), der Ver¬ 
fluchte, der für seine „Berthaf< arbeitende Zuhälter, der Verdammte im 
Inferno Dantes, der Gesandte des Satans, der Satan selbst, die Schlange, 
das Krokodil, das Untersee-Monstrum, Nero, Barbarossa, der Freund und 
Komplize des Todes, der zukünftige Kaiser der Welt, der blutgierige In¬ 
dianer, die kaiserliche Spinne usw. Seine hervorstechenden Charak¬ 
terzüge sind Ehrgeiz, Stolz, Eitelkeit, Dilettantismus und übertriebenes 
Selbstvertrauen, wenn man sein Wesen nicht überhaupt als krankhaft und 
dem Wahnsinn verfallen darstellt. Bisweilen erscheint er auch als ein 
fast tierhaftes Geschöpf wie in einer Zeichnung des CHARI¬ 
VARI, die ihn als «animal dangereux» in einem Käfig sitzen läßt, vor dem 
in ihren heimatlichen Trachten ein elsässisches und ein lothringisches Kind 
stehen: „Du siehst, Schwesterchen, jetzt kann er niemand mehr etwas 
Böses tun.“ 272 
Als das populärste Bild in Frankreich galt eine Karikatur von Ibels 
in der GUERRE SOCIALE 273. Sie heißt „Attila oder der kaiserliche 
Bonnot“ und stellt einen Apachen mit Halstuch, Mütze und langem Messer 
dar, wie er im Zuhältermilieu des Montmartre nicht echter zu finden wäre. 
Dieses Bild hat die Runde um die Welt gemacht, wurde von hunderten 
von Ansichtskartenfabrikanten nachgeahmt und fand unter der Form 
billiger „Kunstblätter“ seinen Weg in die neutralen Länder. 
Im Gegensatz zum Kaiser, der in der französischen Bildpropaganda 
als sehr ecken verbreiten der Wüterich auftrat, den man haßte, wurde der 
Kronprinz meist zur Zielscheibe des Spottes gemacht (vgl. Abb. 6). 
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