Volltext: Spätgotische Kirchenbauten in Ostbayern [21]

Nebenarchitektur eingespart wird, die Sakristei, da das Turmunter 
geschoß Raum hiefür bietet. 
In der Passauer Gegend ist der Turm an der südlichen oder auch 
nördlichen Chorseite die Regel, z. B. Neukirchen, Engertsham, Sulz 
bach, Würding, Mittich, Karpfham. Trotzdem in Braunau selbst der 
Turm am Chore steht, haben anscheinend die Braunauer Meister in der 
Regel Westtürme gebaut. Immerhin finden sich auch in der Passauer 
Gegend Westtürme, z. B. Keilberg und Höhenstadt. 
Wie die Passauer so bevorzugen auch die Landshuter den Chor 
turm. Im Landshuter Bezirk haben ihn 30 Kirchen, dagegen nur 7 den 
Westturm. Im Bezirk Ebersberg sind ausnahmslos Chortürme. Selbst 
im Bezirk Wasserburg überwiegt noch der Chorturm. Dagegen sind im 
Bezirk Laufen (25:2) und Mühldorf die Westtürme in der Überzahl. 
Es scheint also, daß der seit der Jahrhundertmitte sehr häufig anzutref 
fende Westturm von südlichen Bezirken übernommen wurde. Die Burg 
hauser scheinen sich besonders für ihn eingesetzt zu haben. 
Für die Aufrißkomposition spielte die Dachgestaltung eine wich 
tige Rolle. Die Proportionen des Daches sind ungewöhnlich steil. Im 
allgemeinen ist die Firsthöhe gleich der doppelten Langhausmauerhöhe. 
Vor der Mitte des Jahrhunderts waren Chorfirst und Langhaus 
first nicht in gleicher Höhe. Eine sehr unschöne Giebelmausr kletterte 
vom Chordach zum Langhausdach empor. Später wächst der Chorfirst 
zum Langhausfirst empor und ermöglicht damit das kolossale einheit 
liche Dach der Spätgotik. Allerdings bleiben gelegentlich noch Reste der 
Stirnwand (Abb. 28). Im Osten schließt das Dach den Chorseiten 
entsprechend polygonal. 
Die Nebenarchitekturen waren den Spätgotikern deshalb sehr 
unerwünscht, weil sie die leidenschaftlich erstrebte Einheitlichkeit und 
kubische Geschlossenheit zu zerstören drohten. Aber bei den Bauten 
mit Westturm war ein Sakristeianbau nicht zu umgehen. (Das mag mit 
ein Grund gewesen sein, warum die stilsicheren Landshuter den West 
turm vermieden.) War also eine Sakristei anzufügen, so half man sich 
nicht ungeschickt dadurch, daß man das Chordach im unveränderten 
Neigungswinkel bis über den Sakristeibau herunterzog. 
Was der Sakristei noch glückte — unter die einheitliche Baumasse 
unterzuschlüpfen — blieb der Vorhallenarchitektur meist versagt. So 
erfreulich die Schöpfungen dieser Kleinarchitekturen an sich sind, so 
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