Volltext: Die römische Niederlassung in Hallstatt (Oberösterreich)

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IY. Abhandlung: Friedrich Kenner. 
Es gilt als ein Satz der Erfahrung, dass man insbesondere die Kirchen an heidnischen Cult- 
stellen zu erbauen und das Materiale der Letzteren für Erstere zu verwenden pflegte, nicht 
aus praktischen Gründen, sondern in der frommgläubigen Absicht, dasjenige, was früher 
heidnischem Götzendienste gewidmet war, dem Dienste Gottes zu weihen. Der Bestand 
einer solchen Cultstelle in oder neben dem Amtssitze der römischen Niederlassung ist nicht 
abzuweisen; schon der Cultus der Kaiser, in deren unmittelbarem Dienste der Amtmann 
stand, muss auf diese Annahme führen. Im Laufe des dritten Jahrhunderts, das für die 
letzte Phase der römischen Niederlassung hauptsächlich in Betracht kommt, mag damit der 
damals aufblühende Cult des felsengebornen Mithras verbunden worden sein, da dieser 
einerseits mit dem norischen Nationalgotte Belenus, dem Beschützer der Bergleute, ver 
schmolz, andererseits den Cultus der Kaiser beförderte, welcher als jeweilige Incarnation 
des Mithras galt. Wenigstens lässt die Analogie des Ischler Mithrassteines, dessen Wid 
mung von dem kaiserlichen Amtmanne, der dort stationirt war, ausging, diese Auffassung 
zu. Auch dieses Denkmal wurde beim Baue der alten Kirche gefunden und war an dieser 
auf bewahrt und noch im XVI. Jahrhundert dort gesehen und abgeschrieben; erst beim 
Umbau der Kirche unter Kaiserin Maria Theresia und Kaiser Josef II. scheint es in Ver 
lust gerathen oder zerstört worden zu sein. 
Cultstelle und Amtsgebäude werden wir demnach im dritten Jahrhundert an Stelle der 
altehrwürdigen Pfarrkirche voraussetzen und mit einer Schutzmauer umgeben denken dürfen, 
die im Nothfalle durch die Bergleute vertheidigt wurde. 
Die Wohnungen der Letzteren berühren die römische Ansiedlung nicht. Sie werden, 
wie schon bemerkt, aus Holz gebaut und verstreut an verschiedenen näher oder ferner ge 
legenen Punkten der Umgebung errichtet gewesen sein. Die einzige Quelle, die Aufschluss 
hierüber geben könnte, die Funde, fehlen ebenso für diese, wie für eine noch weit wichtigere 
Frage, die aus demselben Grunde heute noch unbeantwortet gelassen werden muss, die 
Frage, wie und wo das rohe Product des Salzberges zugerichtet wurde. 
Wohl aber dürfen wir annehmen, dass sich im Laufe der späteren Zeit Römer, oder 
vielleicht besser gesagt Römlinge, die ein Gewerbe ausübten, hier sesshaft gemacht und 
schon aus Gründen der Sicherheit in der nächsten Nähe der Amtsgebäude niedergelassen 
haben. 
III. 
10. Aus der nächsten Umgebung von Hallstatt ist bisher nur der Hirschbrunnen 
als Fundstelle einer Bronzemünze von Severus Alexander, die Schultes aus der Sammlung 
Steinkogler erwähnt, bekannt geworden (Beilage I, Nr. 29). Sie wird nicht als Anzeichen 
eines Verkehrsweges oder als Vorbote von auf eine Ansiedlung bezüglichen weiteren Funden 
betrachtet werden dürfen, sondern ihr Vorkommen mit der sehr alten Sitte Zusammenhängen, 
den Wassergottheiten ein Opfer darzubringen, in welcher Absicht in die Heilquellen, in 
Flüsse, an der Schiffahrt gefährlichen Stellen, oder in Wässer, die sonst durch eine Be 
sonderheit hervorragen, wie dies im Hirschbrunnen der Fall ist, Geldstücke (Stipes jactae) 
geworfen wurden. 
11. Weit bedeutsamer ist eine entferntere Stelle am nördlichen Seeufer, die ergiebi 
gere Funde gebracht hat. Diese lieferten nicht blos eine lehrreiche Parallele zu den römi-
	        
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