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Groß-Inquisitor erschienen, denen man verhältnismäßig nur wenige andere zur
Abwehr entgegensetzte. Pötting schrieb unter dem 13. November an den Kaiser,
die Antwort Nidhards sei schwächlich; er (Pötting) übersende sie ebenso wie die beste
von den jetzt erscheinenden Flugschriften gegen Don Juan; er selber mische sich gar
nicht ein. — Leopold war ebenfalls der Meinung, daß Don Juan und die Seinen
dazu nur lachen würden und wendete auf die Schrift Nidhards das Sprichwort
an: „Es gehört mehr zum Tanz als ein Paar Schuhe."1)
Ein nüchterner, dem Lärm und Streit entrückter Beurteiler mochte jedoch
diese Widerlegung und die Art und Weise, wie sie gegeben wurde, entschieden höher
werten. Beispielsweise hat ein namhafter Geschichtsschreiber, der hier gewiß unbefangen
und unparteiisch ist, der Engländer William Coxe, ein Protestant, darüber folgender-
maßen geurteilt: „Es ist ein Werk voll Weisheit, welches von vielem Talente zeugt
und Redlichkeit, wie die Ueberzeugung der Schuldlosigkeit atmet. Der Pater Nidhard
widerlegt darin die vagen und unerwiesenen Beschuldigungen Don Juans, eines
Prinzen, welcher übrigens in anderen Beziehungen achtbar, jedoch ehrsüchtig und
auswallend war und sich in jener Angelegenheit Mittel bediente, die von der Ehre
und dem Gewissen verworfen werden."2)
Von der Inquisition wurden folgende drei Sätze aus dem Schreiben Don
Juans unter Anklage gestellt: „Ich hätte den Pater Nidhard zu des Staates und
meinem eigenen Besten aus der Welt schaffen sollen. Dieses ist mir von mehreren
achtungswürdigen Theologen geraten worden, die in mich gedrungen haben, daß ich
es tun solle, indem es eine erlaubte Handlung sei. Ich habe es nicht tun wollen,
um nicht an seiner ewigen Verdammnis teil zu haben, denn es ist wahrscheinlich,
daß der Jesuit alsdann im Zustande einer Todsünde gewesen sein würde." Die
Zensoren bezeichneten den ersten Satz als irrig und ketzerisch, den zweiten als ver
messen und beleidigend und in Hinsicht auf das darin ausgedrückte Urteil gleichfalls
als irrig und ketzerisch, den dritten als vermessen, ärgerlich und anstößig.3) Der
eingeleitete Prozeß wurde übrigens später niedergeschlagen. Nidhard hatte, wie
bereits erwähnt, in seiner Schrift diese kühnen Behauptungen des Prinzen ins
rechte Licht gerückt.
9. Die Krise.
Der Verleumdungsfeldzug gegen den Beichtvater der Königin dauerte nicht
nur fort, sondern die Heftigkeit der Angriffe, die auch die Regentin selber nicht
mehr verschonten, nahm zu. Nidhards Sturz bereitete sich allmählig vor.
Don Juan „vagierte", wie Pötting schrieb,4) seit seinem Briefe an die Königin
in Aragonien und Catalonien herum. In Catalonien fand er bei dem dortigen
Vizekönig Osuna, seinem intimen Freunde, die wärmste Ausnahme und war auch
der Machtsphäre der Regentin ziemlich entrückt. Wenn es wahr ist, was Pötting
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1) Schreiben vom 6. Dezember 1668.
2 ) Coxe, Memoirs of the kings of Spain of tlie house of Bourbon. London 1813.
I. S. 157 (Einleitung), zitiert bei Cretineau - Joly a. a. O. S. 141; auch in „Historisch
politische Blätter" a. a. O. S. 146 (Anmerkung).
3 ) So wenigstens nach I. A. Llorente, Kritische Geschichte der spanischen Inquisition.
Deutsche Ausgabe. Gmünd 1821. III. S. 28. — Llorente, ein Tendenzschriftsteller ärgster
Sorte, sagt im IV. Bd. S. 4 und 5, das System der Inquisition habe Nidhard so „verwegen"
gemacht, „daß er sein Amt sogar mißbrauchte, um den Bruder (!) seines Königs als Ketzer
anzugreifen, ohne einen anderen Beweggrund, als daß er sich für einige (!) persönliche Belei-
digungen rächen wollte, die dieser Prinz ihm zugefügt und der Jesuit verdient (!) hatte." —
Das nennt sich „Geschichte" und noch dazu „kritische".
4 ) Schreiben vom 13. November 1668.