Volltext: Ein Volk in Waffen

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Sechste? Kapitel. 
eines Teils von Löwen hat die Bevölkerung selbst eins dem Gewissen. 
Der Zorn der deutschen Soldaten über das Vorgehen der Zivilbevölke¬ 
rung ist berechtigt. Die hinterlistigen Schüsse der Franktireurs ans 
Büschen und Fenstern, aus Dämmerung und Hinterhalt mußten zu 
Repressalien führen, denn die Soldaten denken so: Der Krieg soll zwischen 
Soldaten geführt werden, und wenn die eine Partei besiegt ist und der 
Sieger in die eroberte Stadt einzieht, dann sollen die Zivilpersonen nicht 
ans den Fenstern auf die einziehenden Truppen schießen. Kann diesem 
Unfug nicht auf andere Weise gesteuert werden, so wird die Stadt zerstört. 
So lagen die Verhältnisse. Löwen ist eine unbefestigte Stadt, und es 
wäre nicht eine Fensterscheibe zertrümmert worden, wenn nicht die 
Franktireurs die Beschießung veranlaßt hätten. Es ging so weit, daß 
die deutschen Soldaten, die das Feuer in den Häusern nahe dem Rat¬ 
haus löschen wollten, um dieses kostbare Gebäude zu retten, während 
ihrer Arbeit von Franktireurs beschossen wurden! Die deutsche Krieg¬ 
führung ist streng, aber nicht grausam. 
Wenn die Soldaten in der ersten Zeit des Krieges die Häuser 
einer eroberten Stadt zerstörten oder verbrannten, aus denen Zivilisten 
geschossen hatten, dann konnte man öfter mitten in der Verwüstung 
einzelne Häuser unberührt stehen sehen. An den Türen dieser geschonten 
Häuser war dann in Soldatenhandschrift und mit weißer Kreide ge¬ 
schrieben: „Hier wohnen alte Leute", oder: „Hier liegt ein Kranker, 
der zu schonen ist", oder: „Aus diesem Haus ist nicht geschossen worden", 
oder endlich: „Dies Haus gehört wohlgesinnten Leuten". Solche Häuser 
wurden dann von den nachrückenden Truppemmicht angetastet. Im Ver¬ 
lauf meiner Erzählung kann ich durch manche Tatsachen das Wohl¬ 
wollen nachweisen, das die Soldaten der Zivilbevölkerung erwiesen. Da¬ 
gegen habe ich niemals von einem Zug von Grausamkeit etwas gesehen 
oder gehört. 
Nachdem ich nochmals den Bahnhof besucht und die Truppen be¬ 
trachtet hatte, die aus Luneville nach Belgien geschafft wurden, um 
.leichteren Dienst zu bekommen und. sich dort auszuruhen, ferner Züge 
mit frischen Truppen aus Metz, kehrte ich ins Hotel Staar gerade zur 
rechten Zeit zurück, um den jungen Leutnant zu treffen, dem General 
Moltke den Auftrag gegeben hatte, mich in das Hauptquartier des Krön-
	        
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