Volltext: Unteilbar und untrennbar (1,1919)

Militärgeographie. 
Die Westseite des Polnischen Stufenlandes wird vom 
Stromgebiet der Oder entwässert, die bei Oppeln in das 
Norddeutsche Flachland eintritt, während die Warthe bei 
Czenstochau den letzten Steilrand des Gebirges durchbricht. 
Die Festung Posen sperrt den Eintritt ins deutsche Flachland 
und den Übergang über die Warthe. Die Grenze zwischen 
Deutschland und Rußland bildet der Warthezufluß Prosna 
mit Kalisch als wichtigste Siedelung. Durch den Warthezufluß 
Netze und den Bromberger Kanal ist die Verbindung mit der 
Weichsel hergestellt. Jetzt durchbricht die Weichsel den Bal-- 
tischen Rücken. Die Festung Thorn deckt den wichtigen Eisen-- 
bahnknotenpunkt, über den die Bahn nach Warschau, der Haupt-- 
stadt Russisch-Polens, führt. Die direkte Bahnverbindung 
zwischen Warschau und Posen fehlt, und damit der unmittel-- 
bare Anschluß der Polen Rußlands an jene unter deutscher 
Oberhoheit. 
Die Weichsel durchquert Russische Polen. Zwischen der 
Weichsel und dem Bug erhebt sich eine niedrige Hochfläche, die 
gegen die österreich-ungarische Grenze bis 334 Meter ansteigt, 
auf der die wichtige Stadt Lublin liegt; weiter nördlich ist 
Sjedlic auf der hier noch niedrigeren Platte. 
Der Bugzufluß Narew bildet die Südgrenze des Baltischen 
Höhenrückens. Suwalki ist die Hauptstadt des Grenzgouver-- 
nements. 
„Russisch-Polen" umfaßt vor allem die Tieflandsmulde, die 
von der Weichsel durchflössen ist. Doch auch das Gebiet der 
oberen Warthe gehört zu diesem „vorderen Kriegstheater", 
wie es die Russen nennen. Auf der Wasserscheide zwischen 
Warthe und Weichsel liegt — merkwürdigerweise abseits der 
großen Bahnlinie Wien-Warschau-Petersburg — die riesige, 
zum größten Teil von Deutschen begründete Fabrikstadt Lodz, 
eigentlich die einzige Fabrikstadt Rußlands. Das Tieflands- 
gebiet der Weichsel und diesen Strom selbst beherrschen vor 
allem die uralte polnische Hauptstadt und Festung Warschau 
und südlich davon die Festung Jwangorod. Hier übersetzt den 
Strom die zweite wichtige Eisenbahn, die von der Weißkirchener 
Pforte über den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Brest-Litowsk 
nach Moskau führt. 
Auch das Tal des Narew ist durch die Festungsanlagen von 
Pultusk, Ostrolenka und Lomscha gesperrt. Parallel zur 
Blick auf Tilflt. 
Weichsel sind wichtige Transversalbahnen geschaffen, welche 
die zwei großen Schienenstrecken mehrfach verbinden. Diesem 
verhältnismäßig dichten Bahnnetz fehlt allerdings der An-- 
fchluß an das galizische Bahnnetz, doch wurden seit Beginn des 
Weltkrieges Anschlußbahnen gebaut. 
Die Grenze des russischen Tafellandes gegen das nord- 
deutsche Flachland ist durch den Baltischen Höhenrücken oder 
die Seenplatte gebildet, die in erheblicher Breite die ganze 
Süd-- und Ostküste der Ostsee umzieht. Die geologische Ent- 
stehungsgeschichte dieses Gebietes ist schon eingangs kurz be-- 
sprochen. Von den vielen Seen ist der Spirdingsee (119 
Quadratkilometer) der größte. Abgesehen von den unkultivier-- 
baren Dünen-, Sand-, Moor- und Sumpfzonen ist das Ge- 
biet sehr fruchtbar. Die Städte leben hauptsächlich vom Handel 
mit dem russischen Hinterland. Am schiffbaren Njemen oder 
Memel oder Ruß liegen Tilsit, im äußersten Nordzipfel Memel 
am Kurischen Haff. Zwischen diesem und dem Finnischen Haff 
liegt die starke Festung Königsberg, von der die Eisenbahn 
über den Knotenpunkt Jnsterburg zur russischen Festung 
Kowno am Njemen und östlich davon, bei Wilna, an die 
Hauptbahn nach Petersburg Anschluß findet. In der Seen- 
platte selbst liegt der wichtige Verkehrsknotenpunkt Ostpreußens, 
Allenstein. 
Die Seenplatte in Westpreußen wird durch das fruchtbare 
Tal der Weichsel unterbrochen. Die Festungen Thorn und 
Graudenz schützen die Flußübergänge. Die befestigte Stadt 
Danzig beherrscht die Mündung des gewaltigen Stromes. 
Das ganze Gebiet der Seenplatte ist sehr ungleich besiedelt; 
neben den fruchtbaren Flußtälern enthält es große, menschen- 
leere Flächen und öde Heidesandlandschaften. Die Bevölkerung 
ist vielfach gemischt. Den Südhang bewohnen fast ausschließ- 
lich Polen. Aus der Vermischung der Ureinwohner mit deut- 
schen Kolonisten entstand ein körperlich und geistig kraftvoller 
Menschenschlag, die Masuren und Litauer. 
Das Gebiet zwischen Njemen und Düna (Dwina) fällt 
allmählich gegen die Ostsee ab. Auch hier läßt sich ein Plateau 
verfolgen, das als Fortsetzung des Baltischen Rückens nach 
Norden hinzieht. 
Das Plateau ist vielfach von breiten Tieflandspforten durch- 
brochen. Das günstige ozeanische Klima, die fast das ganze 
Jahr eisfreie Küste und 
die nahen Beziehungen zu 
den germanischen Nach- 
barländern haben die 
russischen Ostseeprovinzen 
zum wichtigsten Binde- 
glied zwischen dem ost- 
europäischen Vollkultur-- 
kreis und dem großen ost- 
europäischen Flachland 
gemacht. Die Frucht- 
barkeit Russisch-Litauens 
oder Samogitiens er- 
möglicht intensive Land- 
Wirtschaft. In den gro-- 
ßen Städten blüht Haw 
del und Industrie. Riga, 
die drittgrößte Seehan- 
delsstadt Rußlands und 
der bedeutendste Mittel-- 
punkt deutscher Kultur ist 
durch die für die Getreide- 
ausfuhr wichtige Bahn
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.