Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

Seekrieg außerhalb der Adria im Kriegsjahre 1916. 
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osten hin, unangenehm fühlbar. Der Bewegung des Feindes 
folgend, drehen die deutschen Linienschiffsverbände vom nord- 
nordwestlichen Kurse allmählich auf Nord und Nordnordost. 
Die sich nun etwa 7 Uhr 20Minuten nachmittags ent¬ 
wickelnden Gefechtshandlungen leiten bereits zum 
dritten Gefechtsabschnitte, 
dem Kampf mit der vollzählig versammelten englischen 
Hauptstreitmacht über. 
Um diese Zeit lösen sich die bis dahin in der Nähe des 
englischen > Schlachtkreuzergeschwaders befindlichen kleinen 
englischen Kreuzer und Zerstörer von diesen los und wenden 
sich im schnellen Angriff gegen die deutschen Panzerkreuzer, 
die den auf sie abgefeuerten Torpedos durch Abwenden 
ausweichen. Während sich die deutschen kleinen Kreuzer mit 
den ihnen zugeteilten Flottillen die- 
sem Angriff entgegen werfen, er- 
halten sie überraschenderweise aus 
Nordost starkes Feuer aus schwerem 
Geschütz. Aus der den nördlichen und 
nördöstlichen Horizont verhüllen- 
den schmutzigen Dunstschicht treten 
schattenhaft einzelne Schiffsrümpfe 
schwerster feindlicher Schlachtschiffe 
hervor. Da der Angriff der feind- 
lichen leichten! Streitkräfte pariert 
ist, und das schwere Feuer schnell 
an Heftigkeit zunimmt, drehen die 
kleinen Kreuzer den Panzerkreuzern 
nach. Sie erhalten dabei schwere 
Treffer. „Wiesbaden" wird 
durch einen Schuß in die Maschine 
manövrierunfähig und muß stop- 
pen. Teile der Flottillen gehen, die 
Gefahr der sich plötzlich enthüllenden 
Lage erkennend, unverzüglich zum 
Torpedoangriff gegen die neu auf- 
tretenden englischen Linienschiffe vor. 
Im Anlaufe näher kommend, er- 
kennen sie eine lange Linie von min- 
bestens 25 Schlachtschiffen (Dread- 
noughts), die zunächst auf nord- 
westlichem bis westlichem Kurse eine 
Vereinigung mit ihren Schlachtkreuzern und mit der „Q n e e n 
Elizabeth-"Division anstreben, dann aber Kehrt 
machen, und einen östlichen bis südöstlichen Kurs einschlagen. 
Der Angriff wird nun unter schwerem Feuer an die feindliche 
Linie herangetragen. Von der „Q u e e n Elizabeth"- 
Division ist unterdessen ein Schiff ausgefallen, das sich stark 
überliegend etwa,8 Uhr 20Minuten mit geringer Fahrt 
aus der. Linie entfernt. Um die seit 8 Uhr im schweren Feuer 
stilliegende „Wiesbaden" entspinnt sich sofort ein 
heißes Ringen. Ein Versuch der Schwesterkreuzer und 
Torpedoboote, sie aus ihrer hilflosen Lage zu befreien, muß 
aufgegeben werden, da es angesichts des schweren feindlichen 
Feuers aussichtslos ist und nur zu neuen Verlusten hätte 
führen müssen. Der Gegner macht verzweifelte Anstrengungen, 
um ihr den Todesstoß zu versetzen, indem er ein Geschwader 
älterer Panzerkreuzer vorschickt, deren Angriff völlig zu- 
sammenbricht. Schließlich sucht auch der Flottenchef das 
schwer getroffene Schiff durch die Bewegungen des Gros zu 
decken; er muß aber in höherem Interesse mit Rücksicht auf 
die allgemeine Lage von ihr ablassen. Das tapfere Schiff 
Admiral Hipper. 
treibt auf dem Schlachtfelde weiter und sinkt dann mit 
wehender Flagge. Ein einziger Mann, ein Oberheizer ver- 
mochte sich zwei Tage schwimmend zu erhalten und auf ein 
schwedisches Schiff zu retten. 
Die weltgeschichtliche Entscheidung, ob Deutschlands junge 
Flotte den Kampf mit der fast doppelt überlegenen Seemacht 
Englands aufnehmen soll, ist nun gegen 8 Uhr abends auf 
des Messers Schneide gestellt. Die Zeit drängt. Der Augenblick 
fordert den unwiderruflichen Entschluß. Er lautete Angriff! 
Die deutsche Flotte wendet gegen Ost zurück und durch- 
bricht das Zentrum der nächsten feindlichen Linienschiffs- 
geschwader, unterstützt von allen Torpedoverbänden. 
Da die feindlichen Linienschiffsgeschwader den nach dem 
Angriff ablaufenden Booten in der sie umlagernden Dunst- 
wölke unsichtbar wurden, trifft der zweite Angriff auf feind- 
liche Zerstörer, die unter Führung 
eines kleinen Kreuzers nach Westen 
durchzubrechen versuchen. In dem 
sich entspinnenden Artilleriegefecht, 
werden zwei feindliche Zerstörer, 
darunter einer mit der Bezeichnung 
„04" zum Sinken gebracht; der 
kleine Kreuzer und zwei weitere 
Zerstörer werden schwer beschädigt. 
Die deutschen Panzerkreuzer stoßen 
nun auf die erneut auftauchende 
feindliche Linie, mit der sie nach 
Süden abbiegend sofort in ein nn- 
gleiches, sehr heftiges Artillerieduell 
verwickelt werden. Ein in dieser 
Zeitspanne einsetzender Angriff 
kleiner englischer Kreuzer und Zer- 
störer, der durch ein Geschwader 
von fünf englischen Panzerkreuzern 
der „M i n 0 t a u r"-, „Ach i l l e s"- 
und „D u k e 0 fEdin'bnrgh"- 
Klasse unterstützt wird, trifft infolge 
des Dunstes überraschend auf 
deutsche Panzerkreuzer und auf das 
Gros. Von den kleinen englischen 
Kreuzern wird einer versenkt, ein 
anderer schwer beschädigt, der Rest 
entkommt, aber auch der Stoß der 
feindlichen Panzerkreuzer bricht unter schweren Verlusten zu- 
sammen. „D e f e n c e" und „Black P r i n c e" werden 
nach heftigen Explosionen bewegungsunfähig und sinken. 
Der Panzerkreuzer„Wa r r i or" erreicht nur noch als Wrack 
die eigenen Linien und muß später aufgegeben werden. 
Der schwere Artilleriekampf der Spitze gegen die ge- 
waltige Front des feindlichen Gros pflanzt sich von den 
deutschen Panzerkreuzern beim vordersten Geschwader von 
Schiff zu Schiff weiter fort, während das folgende Geschwader 
die nördlich stehende „Queen ElizabetH"-Division 
unter Feuer nimmt. Auf englischer Seite sind über 30Stück 
38 Zentimeter-Geschütze und je etwa 120 Stück 34,3 und 
30,5 Zentimeter-Geschütze in voller Tätigkeit An beiden 
Enden der englischen Hauptlinie, die sich aus 3 Geschwadern 
zu je 8 Schiffen, also ungefähr 24 Großkampfschiffen zu- 
sammensetzt, stehen schnelle Divisionen, auf dem nördlichen 
Flügel 3 Schlachtkreuzer der „I n v i n c i b l e"-Typs, 
auf dem südlichen 3 der eben fertiggestellten „R 0 y a l- 
S 0 v e r e i g n"-Klaffe. 
Die deutschen Panzerkreuzer 
verschwinden zeitweise in
	        
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