Volltext: Die Geschichte des Weltkrieges II. Band (2,1920)

GdJ. Heinrich von Fath 
Die Zerstörungen in Galizien. 
Am Stochodknie hatte der Feind, nachdem wir am 2y.Jnli 
die etwas vorspringende Stellung am Flusse geräumt hatten, 
nicht weniger als 5 Divisionen versammelt, um auf engem 
Raum massiert, gegen Kowel durchjubrechen. Sie kamen 
keinen Schritt vorwärts. Garde und Sibirier haben in den 
Kämpfen am Stochod zwei Drittel ihres Bestandes und fast 
alle Offiziere eingebüßt. 
Westlich und südwestlich von Luck boten die unbedeutenden 
Wasserlinien den Russen keinerlei Hindernisse. 
Hier war die Angriffsrichtung der Russen durch das Be- 
streben diktiert, Lemberg auch von Nordwesten her zu be- 
drohen. Die Linie Gorochow^- 
Swininchy bildete hier den Gegen-- 
stand der russischen Angriffe. In 
dieser stand die Armee GdK. v. 
Tersztyänzky im Anschlüsse 
an die Armee P u h a l l 0. Be- 
sonders starke Kämpfe fanden am 
7. und 8. August bei Swiniuchy 
statt, wo wir alle Angriffe restlos 
abwiesen. Bei Selwow erlitten 
die Russen eine empfindliche Nie- 
Verlage, der Ort fiel in unsere 
Hand und wir machten überdies 
350 Gefangene (7. August). 
Fest und unerschütterlich stand 
die L i n s i n g e n-Front Mitte 
August. Es trat ein nur durch Vor-- 
feldkämpfe unterbrochener Still- 
stand ein, der den ganzen Monat 
andauerte. 
Nördlich des Pripjat (bei Ba- 
ranowicze) fanden im August keine 
größeren Kämpfe statt. 
Unsere Front südlich des 
Pripjat verlief Ende August ent-- 
lang des Stochod, sodann quer 
über die Bahnlinien Sarny— 
Kowel und Luck—Kowel, dann 
im Bogen westlich um Luck herum 
an die obere Turya, wo der kräf¬ 
tige Stoß der Armee L i n fi n g e n 
den Anlauf der Russen gegen 
Kowel gebrochen und den Feind 
bei Kisielin, Selwow und Swiniuchy zurückgetrieben hatte, 
ferner über die obere Lipa, westlich Brody, vorüber gegen 
Zborow zur Armee Bothmer, welche teils an, teils west- 
lich der Zkota Lipa stand. Hier überquerte die Front den 
Dnjester an der Bystrzycamündung und verlief dann westlich 
Nadworna am Tartarenpaß unter einem stumpfen Winkel 
über die im August erkämpften Höhen, nordwestlich des Kar-- 
pathenhauptrückens, bis zur rumänischen Grenze. 
In dem am 30. August abschließenden Berichte des 
Streffleur Militärblattes wurde die Lage an unserer Ostfront 
wie folgt besprochen: 
Der fast zwei Wochen andauernde Stillstand in den 
großen Operationen an der Ostfront darf nur als eine Kämpft 
pause angesehen werden, die der Gegner zur Neuordnung 
und Auffüllung seiner übermäßig beanspruchten Verbände 
verwendet oder aber infolge der eingetretenen Änderung in 
der außenpolitischen Lage für künftige Unternehmungen 
bereitstellt. Ferner hieß es am Schlüsse des Berichtes: 
Nach der Feststellung der Berliner „Deutschen Tages- 
zeitung" sind die fünf Armeen 
Brussilo ws zusammen 85Di- 
Visionen und etwa 40 Kosaken- 
regimenter stark, insgesamt fast 
zwei Millionen Mann; hievon sind 
mindestens 1,4 Millionen in den 
abgelaufenen Wochen der Offen- 
sive voll eingesetzt worden und 
dies nur südlich des Pripjat. Zu 
Beginn unterstanden B r u s s i- 
low: Die 8. Armee (Kaledin), 
die u. Armee (Sachar 0 w), 
7. Armee (Tf ch e r b a t f ch e w), 
IZ. Armee (Leschitzki) und als 
Reserve am linken Flügel das 
Kavalleriekorps des Grafen K e l- 
l e r. Als die Verstärkungen der 
Verbündeten die russischen An- 
greiser westlich und südwestlich 
Luck zu bedrängen begannen, ge- 
langte auch die z. Armee (Gen. 
Lesch) unter Befehl Bruffi- 
l 0 w s, und als südlich des Dnjester 
der Gegendruck der Verbündeten 
bei Tlumacz und an der unga- 
rischen Grenze in fühlbare Er- 
scheinung trat, erzwang B r u ssi- 
low noch die Zuweisung von 
20 Regimentern der Reserven, wo- 
durch dem Gen. K u r 0 p a t k i n 
jede Möglichkeit, die Offensive zu 
ergreifen, genommen wurde. Aus 
dem darob entstandenen Konflikt 
Brussilows mit Kuropatkin wird der Rücktritt 
des letzteren und die Ernennung des Gen. R u ß k i j zum 
Oberkommandanten der Nordfront abgeleitet. 
Am 27. August abends, kurz vor 9 Uhr, wurde von 
dem Gesandten Rumäniens zu Wien im Ministerium des 
Äußern die Kriegserklärung dieses Königreiches an unsere 
Monarchie überreicht, womit ein neuer Abschnitt des Welt- 
krieges begann. 
Das Königreich Galizien, das größte und an Bevölkerung 
reichste Kronland Zisleithaniens, wird von keinem an Frucht- 
barkeit und Bodenschätzen übertroffen. Nahezu die Hälfte 
seiner 7849200 Hektar umfassenden Bodenfläche ist mit 
Äckern bedeckt, etwa ein Viertel mit Wäldern, fast der ganze 
übrige Teil mit Wiesen, Weiden, Gärten und nur rund 
drei Prozent entfallen auf unproduktives Land. 
Von hohem wirtschaftlichem Wert für das Land wie für 
die ganze Monarchie ist sein reicher Viehstand. Im Jahre 
191z wurden mehr als 2Vi Millionen Stück Hornvieh und 
1,8 Millionen Borstenvieh gezählt. 1911 setzte der Lemberger 
Molkereiverband für 1128 000 Kronen Butter nach Hster- 
reich-Ungarn und der Türkei ab. Kleingrundbesitzer betreiben 
in großem Maße Schaft und insbesondere Geflügelzucht. Diese
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.