Volltext: Das wahre Amerika [36]

wandte ernüchtert der ganzen Bewegung, der er ohne Reklame¬ 
bedürfnis und mit viel Naivität gedient hatte, den Rücken. 
Im Herbst 1916 kam es zur Wahl. Gegenkandidat Wilsons 
war der Republikaner Charles Evans Hughes, ehemaliger 
oberster Bundesrichter, an dem die einen seine Unbestechlichkeit 
lobten, die andern tadelten, daß er nur ein gerissener Advokat 
(„Shyster lawyer“) wäre. Hughes wurde in Chicago und 
New-Dork favorisiert, weil die arbeitende Bevölkerung anseine 
Friedensabsichten glaubte, doch war sein Programm dasselbe 
wie Wilsons, allerdings mit Zolltarif, nämlich „Friede und 
bewaffnete Vorbereitung". Diese beiden Schlagwörter kamen 
in zahlreichen Preparadness-P<tral>en zum Ausdruck, die um 
diese Zeit in Amerika stattfanden. Die offiziellen Deutsch- 
Amerikaner, die Wilson durchschauten, traten für Hughes ein. 
Prof. Münsterberg aber und der Dichter und Herausgeber der 
deutsch-amerikanischen Wochenschrift „Fatherland", George 
Sylvester Viereck, traten für Wilson ein in dem naiven Glauben, 
daß Wilsons Idealismus sich als friedliebend erweisen werde. 
Gegen beide Herren wurde übrigens in der Zeitung „World“ 
mit Enthüllungen gehetzt. Diese Enthüllungen waren damals 
in der Zeit der englischen agents provocateurs tägliche Mode. 
So trat ein gewisser Dr. Karl Armgaard Graves als angeblicher 
ehemaliger Spion des Kaisers Wilhelm auf, stahl der Gräfin 
Bernstorff Privatpapiere und ging nicht nur frei aus, sondern 
machte sogar noch Sensation. Ein anderer, van der Goltz, 
gab sich gar als der Mann zu erkennen, der im Aufträge des 
Kaisers einen europäischen Monarchen hätte beseitigen sollen 
und wußte zu erzählen, daß er im Aufträge des Kaisers bei 
General Villa gewesen wäre, der erklärt hätte, er mache sich 
nichts aus den Deutschen. 
Bei der Wahl ging Wilson als sehr knapper Sieger hervor. 
Gründe dieses Sieges waren mehrere: Einmal hatte es sich 
Hughes mit dem Gouverneur von Kalifornien, Johnson, ver¬ 
dorben, sodatz dieser Staat an Wilson siel, dann glaubten die 
Farmer, daß ihre Prosperität an Wilson geknüpft sei und daß 
man ein Pferd nicht im Strom wechseln solle. Wilson behielt 
nach der Wahl seine friedensfreundliche Haltung bei, zumal 
das Interesse sich wieder auf Mexiko konzentrierte. Heerrufer 
gegen Mexiko war der erwähnte Hearst, dessen Korrespondent 
wegen ehrlicher Berichte London zu verlassen hatte, sodaß 
Hearst jetzt Amerikas Aufmerksamkeit lieber aus Mexiko lenkte 
und auf Japan, da man annahm, daß diese Staaten sich Heim¬ 
lich unterstützten. Es kursierte damals ein Film „Die gelbe 
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