Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

17 
Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts vollzog sich eine langsame 
aber stetige Rückkehr der Klöster zu den alten Idealen, wenn auch 
teilweise in neuen Formen. 
Um sich Nachwuchs zu sichern, richteten die Äbte die Kloster¬ 
schulen wieder auf und gaben ihnen in dem geistlichen Bildungs¬ 
ideale der Jesuiten auf Jahrhunderte eine dauernde Norm. 
Und kaum hat die Wiederbelebung katholischen Glaubenslebens 
im Lande begonnen, kaum sind aus den Klöstern die ersten katho¬ 
lischen Priester nach dem langen Interregnum der beweibten lutherisch 
gesinnten Pfarrer auf die inkorporierten Pfarren hinausgegangen, da 
erwacht auch bald der alte Spieleifer im Volke, der nur seit den 
Tagen des Mittelalters geschlummert hatte oder durch die Macht 
der Verhältnisse unterdrückt worden war. 
Die Mönche nahmen solche Regungen gern in den Dienst 
ihrer Bestrebungen und so erwachten unter ihrem Schutze wie die 
Blumen im Frühlinge so manche in den Tagen der Kirchenspaltung 
in Vergessenheit geratene uralte religiöse Volksbräuche. 
Zunächst zwar knüpfte der Klerus an die ihm von Jugend auf 
wohlbekannte Klosterdramatik an und die frommen Spiele, die der 
Pfarrer oder Kooperator als Schüler im Stifte hatte aufführen sehen, 
wurden jetzt für das Volk hergerichtet. 
Solche zwieschlächtige Erzeugnisse bildeten sich dann zu einer 
neuen Volksdramatik weiter. 
Aber in diesen Spielen aus der Zeit der Gegenreformation 
steckt doch wohl auch ein beträchtlicher Teil alten Erbgutes. 
Mit der Predigt und dem allzeit beliebten und daher wirk¬ 
samen geistlichen Volksschauspiele suchte also der Klerus die Herzen 
der Gläubigen in der wiedergewonnenen Liebe zur alten Kirche zu 
stärken, Zweifelnde und Abseitsstehende sanft herüberzuführen. 
Man besann sich wieder auf die alten Oster-, Weihnacht- 
und Dreikönigspiele, von denen sich in abgelegenen Gegenden, den 
Bergen nord- und südwärts zu, dort und da der gesunde Sinn des 
Volkes aus Großväterzeit einen Rest bewahrt hatte. 
Da tauchte denn z. B. das naive, aber doch recht deutsch¬ 
anmutige und herzliche Kindelwiegen auf. Das Christkind ist das 
Universalbrüderchen sämtlicher Erdenkinder und diese tun nun auch 
danach; sie schläfern es ein, sie liebkosen und wiegen es, sie tanzen 
ihm vor und springen um dasselbe in dulci iubilo herum. Da auch 
die Hirten von Bethlehem stets als kindlicher Einfalt voll erscheinen, 
so treiben auch diese solcherlei Spiel, sie blasen dem Kinde auf der 
Schalmei vor, nehmen es auf den Arm, obwohl ihnen Maria den 
2
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.