Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Theater für Eindrücke auf Geist und Gemüt besonders disponiert. 
Daß es doch nur Illusionen sind, die uns da geboten werden, sei 
einerlei. Auch Illusionen könnten Herz und Sinn belehren, wie 
gute Muster unbemerkt den Geschmack bessern. 
Cremeri entwickelt nun im Anschlüsse an Sulzer die Vorteile 
des Theaters für das Verhalten in den Wechselfällen des täglichen 
Lebens. Was die Moralisten übergehen oder nur allgemein erörtern, 
stellt die komische Bühne in allen Einzelheiten dar. 
Das Trauerspiel wieder lehrt uns, dankbare Bürger, milde 
Hausväter, gute Ehemänner, treue Freunde, angenehme Gesellschafter 
und teilnehmende Helfer im Unglück zu sein. Kurz, wir werden 
uns der gesellschaftlichen Pflichten bewußt und zur treuen Erfüllung 
derselben aufgemuntert. 
Da also das Theater nichts anderes sei als praktische Philo¬ 
sophie in Handlungen umgesetzt, so müsse er es mit Sulzer als 
Barbarei bezeichnen, wenn der Staat sich derselben nicht bediene. 
Da der Mensch von Natur aus mehr zum Guten als zum 
Bösen neige, sei die Wirkung der Bühne sichergestellt. 
Wenn das Theater, wie es wirklich ist, diesem Ideal nicht 
entspreche, so sei dies darin begründet, daß es bisher sich selbst 
überlassen war. 
Durch Josef II. werde die Bühne ihrer hehren Aufgabe zurück¬ 
gegeben werden. Die ersten Schritte seien getan: Die Gründung 
eines Nationaltheaters in Wien und das Statut vom 17. Februar 1779 
für dasselbe. Der Monarch habe durch die sorgfältige Auswahl der 
besten Kräfte Deutschlands, gute Bezahlung und Pension gesorgt, daß 
die Bühne den an sie gestellten Anforderungen entsprechen könne. 
Dazu habe Josef II. nach dem Beispiele des französischen 
Staatsrates und der neapolitanischen Gesellschaft Preise für gute 
Stücke ausgesetzt und dadurch die Möglichkeit geschaffen, daß 
Deutschland in Zukunft mehr große Theaterdichter aufweisen werde 
als Lessing und Stephanie. 
Was Maria Theresia theoretisch durch die Gründung der 
Normalschule angefangen, setze ihr großer Sohn praktisch durch 
die Förderung der deutschen Sprache und Hebung der Bühne 
glücklich fort. 
Von der Macht des mit Musik gepaarten Wortes durchdrungen, 
habe er ferner die komische Oper eingeführt, um das Volk dadurch 
für die heroische heranzubilden. Er pflege die deutsche Oper, 
um dem Auslande zu zeigen, daß der Deutsche welsche Kunst ent¬ 
behren könne.
	        
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