Volltext: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803

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Endlich gedenkt er der Schauspieltätigkeit der Orden und 
beruft sich, wie schon im 17. Jahrhundert der holländische Dichter 
Joost van den Vondel, auf das Beispiel der Gesellschaft Jesu, um 
das argumentum ad hominem zu vervollständigen. 
In den weiteren Ausführungen beschäftigt er sich mit der 
Pflege des Theaters seitens der Fürsten. Er fängt dabei ganz 
gründlich bei Nero an und schließt die Liste mit der Prinzessin 
Maria Theresia von Thurn und Taxis. 
In allen Zeiten seien die Schauspieler geschätzt worden. Dafür 
gibt er Belege. 
Und nun geht er zum zweiten Teile seiner „Bill“ über, worin 
er die Vorteile der Schaubühne klarlegt. Dabei geht er von der 
Ansicht Epikurs und Platos aus, daß man sich in die Jugend ver¬ 
lieben würde, sähe man sie in leiblicher Gestalt. Das könne man 
nun im Theater. Er befaßt sich mit den Einwürfen, die Bühne 
nach Rousseau gebe nicht lautere Wahrheit, sie sei nur dazu da, 
dem Menschen zu schmeicheln, ihn zu belustigen. Cremeri beruft 
sich auf die Alten, die der tragischen Muse die Rolle einer Sitten¬ 
lehrerin zugewiesen hätten, auf Horaz, der alle Stücke verworfen 
habe, die nur der Unterhaltung dienten, und stimmt Bielefeld zu, 
der die Schaubühne als eine Schule der Sitten, Höflichkeit und 
Sprache auffasse. Ja, aus Rousseaus Schriften ergebe sich eigentlich 
dasselbe Resultat. 
Nun wendet er sich gegen Rousseaus Verdammung der fremden 
Stoffe und gegen den Vorhalt, daß die Jugend Gefahr laufe, wenn 
sie so tiefe Blicke in das Liebesieben auf der Bühne tue. Die 
Liebe sei zu einem Theaterstücke nicht nötig, wie Aeschylus, Shake¬ 
speare, Voltaire, Lessing u. a. zeigten; die gefährlichen Liebes- 
intriguen aber seien Reste aus einer Zeit der Verwilderung der 
Bühne und zu verurteilen. 
Er führt dann die Definition des Dramas nach Sulzer an, aus 
der sich die Entbehrlichkeit der Liebe als dramatischen Motivs 
ergebe. Wenn sie dennoch so häufig als Sujet gebraucht werde, so 
lasse sich hierin nichts ändern. Daran aber, daß sie so häufig 
angegriffen werde, seien die vielen unfähigen Bühnenschriftsteller 
schuld, die statt edler Liebe „verhunzte Natur“ böten. Diese 
Liebe könne man verurteilen, wahre, edle nicht. 
Wenn schon Gemälde tiefen Eindruck machten und Sünder 
zur Umkehr bewegen könnten, so gelte dies in weit höherem Grade 
von der Bühne, da sie nicht bloß einen Sinn beschäftige und keiner 
Nachhilfe seitens der Phantasie bedürfe. Der Mensch sei zudem im
	        
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