Volltext: XXVI. Jahresbericht des öffentlichen Mädchen-Lyzeums und Reform-Realgymnasiums in Linz 1914/15 (26. 1914/15)

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Aussprache zwischen der Lehrerschaft und den Angehörigen der 
Schülerinnen kann so manches Hemmnis und manche Gefahr auf erzieh¬ 
lichem Gebiete beseitigt, durch Ratschläge manche Erleichterung in der 
Leistungsfähigkeit und daher im Studienfortschritte erzielt und durch er¬ 
haltene genauere Aufschlüsse über die Eigenart einzelner Schülerinnen, 
über allfällige Mängel und Gebrechen derselben und auch über besondere 
häusliche Verhältnisse, die ja immerhin nicht unterschätzt werden dürfen, 
die Beurteilung mancher Schülerinnen richtiger gestaltet und demnach auch 
die Behandlungsart eingerichtet werden. Freilich darf man zur Sprech¬ 
stunde nicht mit einem voll Arger und Unmut erfüllten Kerzen oder gar im 
vorhinein in der Absicht kommen, Schule oder Lehrkraft anzuklagen. Man 
wird sich eben auch mit der leidigen Tatsache abfinden müssen, daß sich die 
Berichte der Jugend zu pause gar oft als ungenau und mangelhaft, oft als 
übertrieben oder beschönigt, ja selbst hie und da als absichtlich entstellt oder 
gänzlich unwahr erweisen. Da kann nur eine unvoreingenommene, ruhige 
Aussprache die Sachlage klarlegen. In den angesetzten Sprechstunden 
werden Eltern und verantwortliche Aufseher gewiß stets gern gesehen; da¬ 
gegen sind die Erholungspausen den Lehrkräften ebenso wie den 
Schülerinnen zu gönnen und sollen ihnen nicht verkürzt werden. Sind aber 
einzelne Eltern durch ihren Beruf oder, weil auswärts wohnend, ver¬ 
hindert, sich an die vorgezeichneten Sprechstunden zu halten, f o wird 
man ihnen auch zu jeder anderen Zeit gern entgegen¬ 
kam nr e n. 
Zweimal im Semester werden über die Leistungen der Schülerinnen 
und ihr Betragen sogenannte Zensurkonferenzen abgehalten. 
Das Ergebnis dieser Konferenzen wird den Schülerinnen gewöhnlich nur 
soweit mitgeteilt, als Anlaß zu Tadel vorhanden ist. Das Elternhaus 
wird mittelst besonderer Ausweise nur von dem ungünstigen Ergebnis 
schriftlich verständigt. Den Eltern steht es aber auch frei, auf diese Ver¬ 
ständigungen zu verzichten. Bei Schülerinnen der beiden obersten Klassen 
findet eine solche schriftliche Mitteilung nur aus besonderen Gründen statt. 
Die Konferenztage werden am Anfang des Schuljahres auf der Amtstafel 
öffentlich bekanntgegeben. Ein vorsprechen der Eltern erst knapp vor 
dem Abschluß eines Zensurabschnittes ist verspätet und wertlos; daher 
werden die Sprechstunden auch meist acht Tage vor den Konferenzen auf¬ 
gehoben. 
Im Interesse der Jugend liegt es, wenigstens zwei Nachmittage der 
Woche ganz unterrichtsfrei zu halten und diese möglichst der 
körperlichen Betätigung und Bewegung zu widmen. Bei der Gründ¬ 
lichkeit des Schulunterrichtes muß daher vor einer überbürdunng des 
Kindes durch Privatunterricht dringend gewarnt werden; ein 
solcher ist auch in der Form der „Nachhilfe" nicht notwendig, wenn die 
Kinder von Anfang an zu gleichmäßigem und richtigem 
Arbeiten verhalten werden.
	        
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