Volltext: Textband (1 / 1919)

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Am 24. Juni 1477 weihte der Passauer Bischof Ulrich III. von Nuß 
dorf, der Kanzler Kaiser Friedrichs III., den wahrscheinlich noch un 
vollendeten Chor und mehrere Altäre der Kirche. Bei diesem Anlasse 
wird der zu Ehren des Titelpatrons konsekrierte Hoch- oder Fronaltar 
zum ersten Male erwähnt. Zur Aufstellung gelangt derselbe jedoch erst 
vier Jahre später, glücklicherweise, denn 1480 verheerte eine Feuers 
brunst abermals den Markt und richtete auch in der Kirche derartigen 
Schaden an, daß nach Beendigung der Herstellungsarbeiten, 1504, eine 
neue Weihe nötig wurde. Der damalige Abt von Mondsee, Wolfgang 
Haberl (Häberl), dem Kaiser Max als »seinem münich« besondere Gunst 
schenkte, ließ 1515 durch den Passauer Stadtbüchsenmeister Lienhart 
Rännacher und dessen Gehilfen Peter Mülich von Nürnberg, einen Ver 
wandten der Vischer, den schmuckvollen Röhrbrunnen aus Glockenmetall 
vor der nördlichen Kirchtür gießen (Abb. 8). Gekrönt von der Statuette 
des Ortsheiligen, unter einer steinernen Laube von 1518, verrät er, ob 
wohl von gotischer Grundform, im Beiwerk schon den neuen welschen 
Geschmack, der namentlich in den mythologischen Sockelreliefs seine 
Kurzweil treibt. Heiteres Behagen umschwebt diesen Brunnen und den 
ganzen Platz, der im Schatten einer breiten Linde wie ein Vorhof der 
Kirche, wie ein Idyll aus der alten Zeit daliegt. Es ist die Stimmung 
des Wallfahrtsortes, die in seinen leise murmelnden Wassern raunt und 
gar treuherzig aus der Randschrift des Beckens redet: 
Ich • pin • zu • den • eren • sanndt • wolfganng • gemacht • 
abt • wolfganng • habrl • zv • mänsee • hat • mich • petracht • (bereitet) 
zv • nvcz • vnd • zv • frvmen • den • armen • pilligrvmb • 
dye • nit • haben • gelt • vmb • wein • 
dye • sollen • pey • dissem • wasser - freilich • sein • 
Anno • din • 1515 • iar • ist • daF • werck • vol • pracht • gott • sey • globt • 
»St. Wolfgangus in alpibus«, wie der Gnadenort urkundlich, »Sankt 
Wolfgang im Pyrg«, wie er im Volksmunde hieß, war im 15. und 
16. Jahrhunderte neben Altötting und dem »Heiligen Berg« von Andechs 
eben die besuchteste Wallstätte des Bayerlandes. Wie sehr die Andacht 
zu dem großen Wundertäter zugenommen hatte, erzählen nicht nur die 
zahlreichen, in Bayern, Österreich und der Schweiz ihm geweihten goti 
schen Kirchen und Kapellen, sondern auch die fünf deutschen und zwei 
lateinischen Drucke seiner Legende, die 1475—1522 erschienen sind. Aus 
Ober- und Niederbayern, dem angrenzenden Franken, der Oberpfalz, 
Böhmen, Oberösterreich und Osttirol, aus dem Salzburger, Regensburger,
	        
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