Volltext: Heimat

!) Schneiderfeier: Zwielichtstunde. 
Susi Wallner 
Osterwasser. 
Tante Rosi hatte mir einst davon erzählt. Und wenn die Oster 
glocken klingen, muss ich immer an die kleine, schlichte, lustige 
Geschichte und an ihre kleine, schlichte, lustige Erzählerin denken. 
Tante Rosi war ein liebes, altes Weiberl, mit vielen Runzeln im 
Gesicht. Aber wenn auch die Zeit eine lange, oft recht leidvolle Ge 
schichte in ihrer schweren Runenschrift auf der Tante Antlitz ge 
schrieben hat — der Schalk blieb ihr doch unbeschadet und allzeit 
jung in den Augen sitzen. In den braunen, warmen, guten Augen. 
»Ja, du mein du, jetzt wird Ostern bald da sein«, sagte sie 
einmal in der »Schneiderfeier« 1 ) während der sie gern etwas zum 
Besten gab. 
»Mein gut’s Mutterl, Gott hab’s selig — hat mir, wie ich noch 
a Dirndl war, ein’ schönen Brauch verraten: »’s Osterwasserschöpfen«. 
Tante Rosi nahm eine Prise und schnupfte auf. »Hm — ah. 
Das is a feiner, der da!« Und sie klopfte wohlgefällig auf ihre alte, 
abgegriffene Dose. 
»Is aber net so einfach, ’s Wasserschöpfen geh’n. Beileibe net’. 
Aufsteh’n musst no viel früher als die Sonn’, ja. Und ’s Feiertag- 
g’wandl anleg’n, ein’ neu’n Krug nehmen und so musst zum nächsten 
Wasserl geh’n! Derfst aber fein nix red’n — mit gar niemand net. 
Verstehst? Nur ja nix red’n. Und lach’n a net. Sonst is der ganz 
Zauber pfutsch. Musst nur alleweil recht andächtig und ernsthaft an 
dein’ Wunsch denk’n. Denn wasst, an Wunsch — ein’ solchen, der 
dir schon recht am Herz’n liegt — den hast frei. Und wann eins so 
tut, wie’s der Brauch vorschreibt, nachher wird er dir a erfüllt. Jetzt 
pass auf! Beim Wasserl halt’st stad. Aber, Dirndl, i sag dir’s: nix 
red’n. Red’n derf ma nix; net amal mit ei’m selber. 
So wart’ ma, bis d’ Sonn’ aufgeht. D’ Ostersonn’, die hat nämli 
b’sond’re Kraft. Die hat unsern Herrgott den Himmel aufg’macht, 
wie er von Tod und Leid’n auferstand’n is. Und da hat er, fürsorgli
	        
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