Volltext: Österreichische Plakatkunst

Besteller, wenn sie ein, vielleicht schon 
seit vielen Jahren gegenstandslos gewor 
denes Plakat verkaufen sollen. Lieber 
lassen sie solche alte Reste in der Papier 
mühle einstampfen. Die große Schwierigkeit, 
österreichische Plakate zu sammeln, ist wohl 
der Hauptgrund dafür, daß sie in weitesten 
Kreisen unbekannt geblieben sind, daß diese 
Blätter sich in öffentlichen und Privat 
sammlungen gar so selten vorfinden und 
daß viele aus der Lokalgeschichte bekannt 
gewordene gute Blätter für immer schon 
heute unwiederbringlich verloren sind. 
Auch der Unterschied zwischen Plakat 
und Künstlerplakat ist in Österreich nicht 
geläufig. Das Künstlerplakat wird noch 
immer sehr geringgeschätzt. Entwirft einmal 
ein wirklicher Künstler ein Plakat, so gilt 
dies für ihn noch oft für eine capitis de 
minutio. ERNST GROWALDS Plakat 
spiegel sagt zwar: Der Name eines Künstlers 
auf einem Plakate ist für den Besteller und 
Künstler mehr wert als alle Medaillen. Aber 
die österreichischen Besteller und Künstler 
sind bisher nur sehr selten und hauptsächlich 
erst in den allerletzten Jahren der gleichen 
Meinung gewesen. 
Nun kann allerdings nicht genug stark 
betont werden, daß nicht jeder Künstler 
gute Plakate machen kann, ja, daß Plakate, 
die gute Bilder, gute Kunstblätter sein 
mögen, durchaus nicht auch gute Plakate 
sein müssen. Im Gegenteile! Ist ein Plakat 
ein gutes Bild, so ist es wohl fast immer 
ein schlechtes Plakat. Denn beim Plakat 
kommt es immer zuerst auf die Wirkung 
an, und zwar auf eine bestimmte Zweck- 
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Wirkung, auf die PLAKATWIRKUNG. 
„Lebhaft und auffallend in den Farben, 
deutlich in der Darstellung des Gegenstandes, 
leicht verständlich für jeden Einzelnen, mit 
wenig und deutlich lesbarem Text.“ 
(Albert Walter in „Reklame-Rundschau“.) 
Das Plakat kann auch direkte Kunstfehler 
enthalten, ohne an seiner Zweckwirkung 
etwas einzubüßen. Man denke nur an die 
Perspektive, deren strenge Gesetze in Pla 
katen sehr stark zurücktreten können, ohne 
die Wirkung zu vermindern. Also auch 
Plakate, die mangelhafte Perspektive, viel 
leicht sogar absichtlich verzeichnete Per 
spektive zeigen, müssen trotzdem als Künst 
lerplakate gewürdigt werden, wenn sie nur 
anderweitig Qualitätswerte enthalten. 
Sind etwa die japanischen Farbholzstiche 
bis Hokusai deshalb keine Kunstblätter, weil 
sie oft ganz unnatürliche Beleuchtung ohne 
jeden Schatten und ganz falsche Perspektive 
aufweisen? Sind die prächtigen Zeichnungen 
der Nazarener und Romantiker zu Beginn 
des 19. Jahrhunderts etwa deshalb nicht 
vollwertige Kunstwerke, weil jener Zeit bis 
Philipp Otto Runge der Farbensinn so 
stark abhanden gekommen war ? Und was 
würde die heutige Künstlergeneration, von 
Böcklin und Manet ab, dazu sagen, wenn 
man an ihr tadeln wollte, daß über dem 
großartig gesteigerten Kolorismus unserer 
Tage die zeichnerischen Qualitäten mit 
unter recht auffallend zurückgedrängt sind? 
Was aber ein Künstler unter allen Um 
ständen beachten muß, wenn sein Künstler 
plakat erfolgreich sein soll, das hat JULIUS 
KLINGER, gewiß unter den heutigen
	        
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