Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in der Neuzeit (7, Die Neuzeit ; Zweite Periode ; 1928)

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Viertes Kapitel 
Die Übergangszeit in Österreich und 
Deutschland 
§ 32. Die Ausweisung aus Wien und die Rückkehr der Finanzmänner 
(1670-17UO) 
Der zahlenmäßigen Stärke ihrer jüdischen Bevölkerung nach ran 
gierte die österreichische Monarchie unmittelbar hinter Polen. Sowohl 
in den halbslawischen Ländern Böhmen, Mähren und Schlesien als 
auch in Ungarn, dem Lande der Magnaten und leibeigenen Bauern, 
hatten sich nach und nach dicht gedrängte jüdische Massen angesam 
melt. In allen diesen Provinzen bildete die handelstüchtige jüdische 
Bevölkerung das Element, das durch die Bande des wirtschaftlichen 
Verkehrs Prag mit Krakau, Nikolsburg und Preßburg mit Lemberg, 
Breslau mit Posen verknüpfte. So stellte denn die Judenheit Öster 
reichs gleichsam ein nach Westeuropa hineinragendes jüdisches Polen 
dar. Auch in der Reichshauptstadt Wien war die während des Drei 
ßigjährigen Krieges restaurierte jüdische Gemeinde in raschem Auf 
stieg begriffen. Der den Krieg beschließende Westfälische Friede 
(i648) fiel bekanntlich mit dem Ausbruch der Katastrophe in der 
polnischen Ukraine zusammen, und so wandten sich Tausende von 
jüdischen Flüchtlingen aus Polen nach den österreichischen Ländern. 
Österreich, das ehedem den Überschuß seiner jüdischen Bevöl 
kerung an den Osten abzugeben pflegte und die innerhalb seiner 
Grenzen ansässigen Juden nur wider Willen duldete, glaubte sich 
nun durch die von Polen hereinbrechende Flüchtlingsflut aufs 
schwerste bedroht. Von neuem wurde für die Regierung und 
die autonomen Städte die „jüdische Frage“ in ihrer altherge 
brachten Form akut: welche Maßnahmen galt es zu ergreifen,
	        
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