Volltext: Die älteste Geschichte des jüdischen Volkes (1, Orientalische Periode / 1925)

§ 72. Der neue Tempel; die Propheten Haggai und Sacharja 
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Smerdis) den persischen Thron an sich gerissen, und die Staats 
ordnung geriet ins Wanken. In Babylonien und Medien flackerten 
Aufstände auf. Zu der politischen Schutzlosigkeit Judäas gesellten 
sich auch noch wirtschaftliche Sorgen: mehrere Jahre hindurch 
hatte das Land unter Mißernten zu leiden, die zum Teil infolge der 
Verwilderung des Bodens und der noch ungenügenden Anpassungs 
fähigkeit der neuen Kolonisten an die lokalen Ackerbauverhältnisse 
eingetreten waren. Der Verdienst war gering; der Handel konnte 
nicht zur Entwicklung gelangen, da die Karawanenstraßen infolge 
der Kriegszeit und der Wirren in Persien unsicher wurden. Nur 
langsam erhob sich Jerusalem aus den Trümmern, und seine Ein 
wohnerzahl war noch sehr unbedeutend. Eine gedrückte Stimmung 
lastete auf dem Volke, die Trauer des Exils schien gleichsam noch 
nicht von ihm gewichen zu sein. Die in Babylonien eingeführten 
nationalen Fasten am Tage der Zerstörung Jerusalems (§ 66) 
wurden auch jetzt noch beibehalten. 
§ 72. Der neue Tempel; die Propheten Haggai und Sacharja 
(520—516) 
Eine günstigere Zeit brach für Judäa mit der Regierung 
Darius’ I. Hystaspis (521—485), aus der Dynastie der Achäme- 
niden, an. Gebieter einer weitausgedehnten Monarchie, die sich 
vom Iran bis Libyen und Äthiopien, „von Indien bis Kusch“, er 
streckte, stellte Darius in den eroberten Provinzen die Ruhe wieder 
her und wandte sich dann ihrer inneren Organisierung auf der 
Grundlage der Selbstverwaltung unter Aufsicht persischer Satrapen 
zu. Judäa, das in den dieser Regierung vorangehenden Wirren den 
Nachfolgern des Kyros Treue bewahrt hatte, hoffte nun auf die 
besondere Gunst des neuen Königs 1 ). Schon in den ersten Re 
gierungsjahren des Darius wurde für eine baldige Wiederaufnahme 
*•) Einige Geschichtsschreiber (Ed. Meyer u. a.) sind dagegen der Meinung, 
daß gerade in den ersten Regierungsjahren des Darius, als der Aufstand in Ba 
bylonien und in den anderen Provinzen noch nicht unterdrückt war, auch in 
Judäa eine Bewegung für die Erlangung der politischen Unabhängigkeit ent 
standen sei; ein Zeichen einer solchen Bewegung erblicken sie in den messiani- 
schen Prophezeiungen von Haggai und Sacharja über Serubbabel als den Regenten 
Judäas. Mit dieser Hypothese steht jedoch die Tatsache nicht im Einklang, daß 
in denselben Jahren Darius die Errichtung des Tempels in Jerusalem gestattete 
und dem ,»Prätendenten“ Serubbabel das verantwortungsvolle Amt eines „Pecha“, 
d. i. Statthalters, einräumte (s. unten im Text).
	        
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