Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Erster Theil] (8,1 / 1901)

Der Geist. Das Reich der Sittlichkeit und der Rechtszustand. 
371 
Zehntes Capitel. 
Der Geist. A. Aas Reich der Sittlichkeit und der Rechtsxustand. 
I. Das Gemeinwesen. Das göttliche und menschliche Gesetz. 
1. Familie und Staat. 
Schon in seinen frankfurter Studien hatte Hegel die Ethik oder die 
Wissenschaft von der sittlichen Welt, worin der Geist sein wahres Wesen 
verwirklicht, als den dritten und letzten Theil des Systems der Philosophie 
bezeichnet. In seinem Aufsatz über „die wissenschaftlichen Behandlungs 
arten des Naturrechts" erschien „die Philosophie der Sittlichkeit" als 
die höchste dieser Behandlungsarten und als deren Gegenstand „die 
absolute Sittlichkeit", die in einem Gemeinwesen, in dem Leben eines 
Volks, in der Gliederung eines sittlichen Ganzen zur Wirklichkeit ge 
langt, wie sich dieselbe in der classisch-hellenischen Welt und in dem 
Jdealstaate Platos dargestellt hat. Um die Aussöhnung und Ueber 
einstimmung zwischen dem Familienrecht und der Staatsgerechtigkeit, 
und die Sühnung der Blutschuld, die aus dem Familienrecht und der 
Familienrache hervorgegangen war, in bildlich-dramatischer Form dar- 
zuthun, hatte Hegel den Streit der Erinnyen mit dem Apollon über 
die Schuld des Orestes und die Entscheidung des Streites durch den 
Areopag von Athen und die Göttin Athene in den Eumeniden des 
Aeschylos uns vor Augen geführt? 
Eben dieser Begriff des Geistes als des sittlichen Gemeinwesens 
ist es, der sich nun in der Phänomenologie als das Resultat aller 
vorangegangenen Stufen ergeben hat und hier in dem Entwicklungs 
gänge des Bewußtseins die vierte Hauptstufe bildet. Auch in der 
Phänomenologie selbst hatte Hegel schon zu wiederholten malen auf 
diesen Begriff des Geistes als des zu erreichenden Ziels hingewiesen: 
auf dieses Selbstbewußtsein, welches Gemeinbewußtsein ist, auf dieses 
Ich, welches Wir, auf dieses Wir, welches Ich ist, oder, wie sich 
Hegel an der gegenwärtigen Stelle ausdrückt: „Der Geist ist das sitt 
liche Leben eines Volks, insofern er die unmittelbare Wahr 
heit ist; das Individuum, das eine Welt ist"? 
- Vgl. oben Buch I. Cap. V. S. 53 u. 54. Buch II. Cap. VI. S. 278 
bis 288. — - Vgl. oben Cap. IX. S. 854 u. 355. Phänomenologie. Werke. 
II. S. 319. A. Der wahre Geist und die Sittlichkeit. S. 320—348. 
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