Volltext: Die Preisbildung im Kriege [Heft 1]

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Das Einkommen paßt sich nun einmal, wenn überhaupt, so jeden 
falls nicht prompt den steigenden Lebensmittelpreisen an,- im Kriege 
umsoweniger, als ein großer Teil der Bevölkerung von staatlich fest 
gelegten Unterstützungen lebt und da von Beweglichkeit vollends 
nicht die Rede sein kann. Wird nicht mit Höchstpreisen, amtlichen 
Preistaxen und Preisgrenzen eingegriffen, so bleibt nur jener andere 
Anpassungsvorgang übrig, der aus älterer Zeit nur allzu bekannt ist: 
der Hungertod jener Schichten, denen die Lebensmittel unerschwing 
lich geworden sind,- da ist denn doch der Taxpreis, vereint mit der 
behördlichen Verteilungsregelung, das geringere Übel. Der Groß 
handel allerdings wird damit in seiner eigentlichen Tätigkeit vollends 
unmöglich. 
V. 
Gerade der Handel muß also aufs empfindlichste spüren, daß 
der Krieg uns ftir die Lebensnotwendigkekten eine andere Wirtschafts 
form aufgedrückt hat, als wir sie seit etwa zwei Menschenaltern 
gewöhnt waren. 2m Kriege gibt es nun einmal im eigentlichen 
Sinne einen Markt nicht mehr,- denn zum Wesen dieses Wirtschafts 
organs gehört es, daß die Mengen ganz frei, je nach dem Be 
dürfnis, zu- oder abfließen, und daß demgemäß die Preisbildung 
auf der Grundlage freier Entschließungen sich aufbaut. Genau 
wie schon in Friedenszeiten dort, wo wirtschaftliche Monopole sich 
haben bilden können, niemand mehr von Markt und Marktpreisen 
sprach, so leben wir jetzt km Kriege abseits freier Marktbildung. 
Wir sind also — nicht durch die Verordnungen unseres Bundes 
rates oder sonstige behördliche Anordnungen, sondern durch den 
Zwang der Dinge — wiederum in eine Wirtschaftsverfaffring hinein 
gedrückt worden, die jenen Verhältnissen ähnelt, unter denen unsere 
Voreltern noch vor etwa hundert Jahren und selbst später gelebt 
haben. Gerade die Lebensnotwendigkeiten, deren freier Zustrom 
das Wesen der Weltwirtschaft ausmacht, kommen nicht mehr be 
liebig und z. T. gar nicht mehr zu uns herein, d. h.: wir leben 
wieder in einer geschlossenen Wirtschaft, die sich zwar dank 
den modernen Transportmitteln des Binnenlandes über einen 
weiteren Bereich erstreckt als die lokalen Wkrtschaftskörper früherer 
Zeiten, die aber doch km Wesen diesen lokalen Gebundenheiten 
durchaus entspricht. Damit ist dann auch gegeben, daß wir 
die Politik des gebundenen Marktes wieder haben über 
nehmen müssen, wie sie in der Verteilung und kn den prekstaxen 
zum Ausdruck kommt. Die Preise zumal können als Verteilungs 
faktoren, als Triebkräfte der Verteilung, wegen der allzu großen
	        
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