Volltext: Die Kriegführung im Sommer und Herbst 1917. Die Ereignisse außerhalb der Westfront bis November 1918. (13. 1942)

Stimmung im Heere. Vaterländischer Unterricht 
23 
So war die Kampfkraft abermals erheblich gesunken. Die seit Mitte April eemm« mi. 
durchgeführte Herabsetzung der Brotration*) — nur die im Kampfe stehen¬ 
den oder gerade aus dem Kampfe zurückkehrenden Truppen erhielten noch 
die früheren Verpflegungsmengen — wurde schwer empfunden. Sie 
hatte zwar nach Meldung des Chefs des Feldsanitätswesens den Gesund¬ 
heitszustand einstweilen nicht beeinträchtigt, es hatte aber eingehender 
Aufklärung bedurft, um die Stimmung der Truppe nicht zu gefährden. 
Auch lange Trennung von Heimat und Angehörigen, eng begrenzte Ur¬ 
laubsmöglichkeiten, vielfach ungünstig wirkende Nachrichten aus der Hei¬ 
mat und planmäßige Wühlarbeit der Unabhängigen Sozialdemokratie2) 
wirkten auf sie ein. Dabei spürte jedermann, daß das vom Unterseekrieg 
erwartete Ende des blutigen Ringens vorläufig noch nicht abzusehen sei. 
Die Meutereien aus mehreren Großkampsschifsen der Hochseeflotte 
im Juli waren eine deutliche Warnung. Es wurden Klagen laut über un¬ 
günstige Stimmungsbeeinslussung zwischen Urlaubern und Heimatbevöl¬ 
kerung. Die Oberste Heeresleitung mußte Weisung geben, zu verhindern, 
daß Nachrichten in die Truppe kamen, die für ihre Siegeszuversicht und 
Schlagsertigkeit bedrohlich sein könnten. General von Gallwitz hielt all¬ 
gemeine Kontrolle des Lesestoffes im Heer und ein durchgreifendes Verbot 
sozialdemokratischer Zeitungen für notwendig3). Durch Einführung 
„Vaterländischen Unterrichts" für alle Truppenteile im Felde wie 
in der Heimat suchte die Oberste Heeresleitung dem Sinken der Stimmung 
entgegenzuwirken. Die Maßnahme wurde durch folgende Leitsätze vom 
29, Juli eingeleitet: 
»Das deutsche Heer ist durch den Geist, der es beseelt, seinen Feinden 
überlegen und seinen Verbündeten ein starker Rückhalt. 
Zu Beginn des Krieges war die Grundlage dafür Begeisterung und in 
langer Friedensausbildung anerzogene Manneszucht. Die drei Kriegs¬ 
jahre haben diese Grundlage verschoben und erweitert. Verständliche 
Sehnsucht nach Heimat, Familie und Berus kann die Kampfentschlos¬ 
senheit lähmen und den Willen, bis zum endgültigen Sieg durch¬ 
zuhalten, abschleifen. 
Die Länge des Krieges brachte auch in zunehmendem Maße für Heimat 
und Heer Entbehrungen und Opfer. Je mehr diese Lasten aus den Geist 
des Heeres drücken, um so mehr müssen Aberzeugung, Pflicht¬ 
gefühl und klare Entschlossenheit Grundlage der Kampfkraft 
des Heeres werden." 
') Bd. XII, 6. 571. 
2) Bd. XI, 6.35. 
3) v. Gallwitz: „Erleben im Westen", 6.208 u. 213.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.