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Der Krieg im Westen.
in Flandern ihre Stürme vorbereiteten und begleiteten, weit heftiger als
je zuvor. Angeheuer waren die Anforderungen an die seelischen Kräfte
der Verteidiger, die hinter völlig zerschossenen Hindernissen, ungeschützt
gegen Feuer und Witterung vereinzelt in verschlammten Trichtern kauerten,
jeden Augenblick eines feindlichen Angriffs gewärtig, erschöpft durch
Mangel an Schlaf und an Verpflegung, da diese nur selten in ausreichender
Menge und Beschaffenheit vorgebracht werden konnte. Die große Mehrzahl
der in der Schlacht eingesetzten deutschen Truppen hat diese fast über¬
menschliche Belastungsprobe bestanden.
General Ludendorff urteilte1): „Was der deutsche Soldat in der
Flandernschlacht geleistet, erlebt, gelitten, wird für ihn zu allen Zeiten ein
ehernes Denkmal sein, das er sich selbst auf feindlichem Boden errichtet
hat!"
B. Die übrige Westfront während der Schlacht
in Flandern.
3-H Von Zuli bis November stand die gesamte Westfront2) unter dem
"nb 2,aa“'t' Zeichen des schweren Ringens der 4. Armee. Alle sonstigen Angriffe der
Gegner hatten operativ gesehen vor allem den Zweck, abzulenken und
Kräfte zu fesseln; taktisch handelte es sich um das Verbessern im Kampfe
entstandener Stellungen, ein Ziel, das auf dem Frühjahrsschlachtfeld an
der Aisne auch deutscherseits erstrebt wurde. Bei der 6. Armee der
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht scheiterten am 1. Zuli wieder¬
holte Angriffe einer britischen Division westlich von Lens. Größere Kämpfe
folgten am 15. August3). Im übrigen handelte es sich nur um kleinere
Unternehmungen, die den Raum eines Regimentsabschnittes nicht über¬
schritten. Ähnlich war es bei der 2. Armee. Hier waren vor die Siegfried-
Stellung vorgeschobene Punkte nördlich von St. Quentin die am häu¬
figsten umkämpften Örtlichkeiten. So folgte einem deutschen Angriff am
9. August, der hart nordwestlich der Stadt gegenüber den Franzosen einigen
Geländegewinn gebracht hatte, am 19. August weiter nördlich ein stärkerer
englischer Angriff, der aber bis auf kleine Einbrüche abgewiesen wurde.
Mit einem Angriff gegen St. Quentin selber, das aus der Gesamtfront
basteiartig vorsprang, wurde gerechnet. Die größten Kämpfe spielten sich
!) „Meine Kriegserinnerungen" S. 292.
2) Gliederung Beil. 27.
*) Näheres 6.67.