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Der Krieg im Westen. Schlacht in Flandern.
20. September.
21. bis
23. September.
Während der ganzen Nacht zum 20. September beschoß die feindliche
Artillerie außerordentlich heftig die Stellungen und das rückwärtige Ge¬
lände vom Houthulster Wald bis zum Kanal Ypern—Comines. Gegen
530 morgens steigerte sich die Beschießung zwischen Langemarck und Holle-
beke zum Trommelfeuer. Bald daraus trat aus dieser Front die britische
Infanterie, wirkungsvoll unterstützt durch zahlreiche Flieger, zum Sturm
an. Sie drang aus der ganzen Front, stellenweise allerdings erst nach
stundenlangem erbittertem Ringen, in die Kampfzone ein und meist über
die II. Stellung hinaus vor. Die deutschen Eingreif-Divisionen waren
bis 8° vormittags sämtlich auf den für erhöhte Gefechtsbereitschaft be¬
stimmten Plätzen versammelt. Trotzdem wurden die Gegenstöße erst am
Spätnachmittag wirksam, denn gewaltiges englisches Abriegelungsfeuer
verursachte beträchtlichen Zeitverlust und lähmte die Stoßkraft der Re¬
serven. Es gelang zwar, die Briten an verschiedenen Stellen zurückzu¬
drängen und wichtige Geländeteile wieder in Besitz zu nehmen, im all¬
gemeinen aber hatten die Angriffe gegen den bereits eingenisteten Gegner
nur geringen Erfolg. Der Übermacht der feindlichen Luftstreitkräste wurde
man erst am Nachmittag einigermaßen Herr.
Die Briten waren auf mehr als zwölfeinhalb Kilometer Breite durch¬
schnittlich etwa einen Kilometer, dicht nördlich der Straße Memn—Ypern
fast zwei Kilometer vorgedrungen, hatten aber bei Gheluvelt und nördlich
davon die Höhen, aus die es hauptsächlich ankam, nicht zu erobern ver¬
mocht. Die Verluste waren wieder erheblich1). Die Engländer geben an,
mehr als 3000 Gefangene gemacht und einige Geschütze genommen zu haben.
Am 21. September setzten die Briten ihren Angriff in größerem Um¬
fange nur zwischen den Bahnlinien Staden—Langemarck und Rvulers—
Ypern fort, im übrigen machten sie bis zum 23. September an verschiedenen
Stellen kleinere Vorstöße. Dabei gelang es ihnen lediglich an der Straße
Poelkapelle—Langemarck und südlich der Straße Menin—Ypern die
deutsche Linie etwas zurückzudrücken.
Die deutsche Abwehr am 20. September ist durch die vorher erfolgte
Schwächung der 4. Armee sicherlich erschwert worden. Der Gruppe
Wytschaete stand nur eine einzige Eingreif-Division zur Verfügung, und
die Artillerie war um insgesamt etwa 90 Geschütze verringert. Auch die
Verminderung der Flieger hatte sich bemerkbar gemacht; im Gegensatz zu
der vorhergehenden Zeit trat daher die Überzahl des Gegners in der Luft
deutlich hervor. Hauptsächlich hatten aber die Briten ihren Erfolg wohl
der Überlegenheit an Artillerie und auch dem angewendeten Angriffs¬
verfahren zu danken.
-) S. 77 SlnmTü