Volltext: Die unzureichende Kriegsrüstung der Mittelmächte als Hauptursache ihrer Niederlage (Ergänzungsheft 4 1932)

Die unzureichende Kriegsrüstung der Mittelmächte usw. 
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Erfordernissen Schritt hielten. In Österreich-Ungarn aber blieb die Heeres¬ 
stärke seit 1867/68 im großen ganzen gleich. Aber noch in anderer 
Art zeigt sich ein kennzeichnender Unterschied zwischen dem Heeres¬ 
ausbau beider Staaten. Während in Österreich-Ungarn der Ausbau aus¬ 
schließlich aus innerpolitischen Gründen unterblieb, der Kriegsminister 
beziehungsweise die beiden Landesverteidigungsminister um die normal 
laufenden Heeresbedürfnisse erst hart mit den gesetzgebenden Körper¬ 
schaften feilschen mußten, waren es im Deutschen Reiche durchaus nicht 
ausschließlich innerpolitische Rücksichten, welche diesen Ausbau ver¬ 
hindert hatten. Wiederholt war die vom Generalstabe beantragte Er¬ 
höhung der Heeresstärke vom Kriegsministerium aus „militärischen 
Gründen" abgelehnt worden. Man fürchtete nicht nur die Schwierig¬ 
keit der Durchsetzung der Forderungen im Reichstage, sondern auch ein 
„Zugroßwerden" des Heeres, zerbrach sich an Stelle des Generalstabes 
den Kopf über die Möglichkeit, so große Heere noch führen zu können, 
befürchtete eine „Verwässerung" des Heeres durch rasches Anwachsen 
der Friedenskader, deren Stärke ohnedies weit über die „erhöhten 
Friedensstände" des k.u.k. Heeres hinausging25), eine Verschlechterung 
des Feldheeres durch das Anwachsen der im Felde zu verwendenden Re¬ 
serveformationen, ja ein Kriegsminister erklärte kurz vor dem Weltkriege 
und der letzten Heeresverstärkung, das deutsche Heer habe nun eine 
solche Stärke erreicht, daß ein weiterer Ausbau nicht mehr nötig sei. 
Dabei war das deutsche Heer damals bereits vom französischen überholt ; 
denn in dem weit volksärmeren Frankreich hatten militärische Stellen 
solche Zweifel nicht gekannt. Ähnlich waren die Gründe, die vom Kriegs¬ 
ministerium gegen die wiederholt beantragte, wenigstens flüchtige Aus¬ 
bildung der immer mehr anwachsenden Ersatzreserve angeführt wurden. 
So war es sogar zweimal, einmal unter Bismarck, einmal unter Bülow26), 
vorgekommen, daß Anregungen des Reichskanzlers zu einer Heeres- 
verstärkung nicht nur nicht ausgenützt, sondern als derzeit untunlich abge¬ 
wiesen wurden. Ja, 1881 hatte Bismarck entgegen der Ablehnung des 
Kriegsministeriums, das sich nur mit geringen Erhöhungen des Präsenz¬ 
standes begnügen wollte, sogar verlangt und durchgesetzt, daß „in 
Anbetracht des bedrohlichen Anschwellens des französischen und des 
25) In Österreich-Ungarn erhöhter Friedensstand eines Bataillons: 535 Mann, im 
Deutschen Reiche niederer Etat 643, hoher Etat 741 Mann. 
26) Bülow anläßlich der Marokkokrise (KR., I, 82, 83); Bismarck 1886, als er die 
anläßlich der Krise geforderten 1500 Mann als „nicht bedeutsam genug" bezeichnete, 
um ihrethalben vor den Reichstag zu treten. Ein Mehr, das Bismarck zu vertreten 
geneigt war, wurde abgelehnt (KR., I, 15).
	        
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