Volltext: Die Zweierschützen im Weltkrieg 1914 - 1918 5. Heft (5. Heft / 1956)

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und Kote 566. Die Bataillone wurden noch in der Nacht 
auf den 26. Oktober in Marsch gesetzt und marschierter! 
unter strömendem Regen in ihre neuen Bestimmungs 
orte. Die ehemals in Sv. Ambros und bei Kote 566 be 
standenen Lager waren vernachlässigt und zum größten 
Teil abgetragen, so daß der größere Teil unserer Leute 
Freilager beziehen mußte. Das Regiment der Zweier 
war weit auseinandergezogen und es brauchte zirka 
45 Kilometer Telephonleitung um die Verbindung zum 
Kommando mit allen Teilen herzustellen. 
Die Situation am 26. um 9 Uhr früh ist folgende: 
Das Regimentskommando, III. Bataillon mit zwei Drit 
tel Technischer Jnfanteriekompagnie im Lager bei 
Kote 566, das I. Bataillon mit einem Drittel Technischer 
Jnfanteriekompagnie im Lager bei Sv. Ambros als Divi 
sionsreserve der 17. Jnfanterietruppendivision und das 
II. Bataillon mit Teilen in Martinice und Dabor. In 
der Nacht rückten noch zwei Offiziere und 44 Mann vom 
Sturmkurs ein. 
Das war die Lage nach einer schon fast sechs Monate 
währenden Kampfzeit mit schier übermenschlichen Bean 
spruchungen der 10. und 11. Jsonzoschlacht. Niemals 
können Worte den Leistungen der braven Zweier auch 
nur annähernd gerecht werden, wenn sie versuchen woll 
ten, den Mut, die Opferfreudigkeit, das Dulden im 
Ertragen von Strapazen und des Trommelfeuers in 
Lobliedern zu preisen. Dabei sah es momentan gar nicht 
darnach aus, daß sich in nächster Zeit viel ändern würde. 
Die 12. Jsonzoschlacht 
24. Oktober bis 26. Dezember 1917 
(Skizze 2) 
Mit Ende 1917 war der Krieg in ein sorgenbringen 
des Stadium getreten. Er hatte einen Umfang und eine 
Ausweitung erhalten, die man kaum geahnt hatte. Drei 
einhalb Millionen Männer standen im Soldatendienst, 
eine Million Pferde und Tragtiere zählte das Heer. Auch 
die Artillerie war bedeutend ausgebaut worden. An die 
6000 leichte und 2000 schwere Geschütze verfügte die 
Monarchie und einige tausend Minen- und Granatwer 
fer vermehrten die artilleristische Wirkung. Leider muß 
ten wir auch schon ungeheure Opfer bringen: eine halbe 
Million tote Krieger, eine Million Invalide und rund 
eine Million waren gefangen und vermißt. Dazu überall 
Mangel an höchst wichtigen Dingen, wie Gasmasken, 
Telephonmaterial, Leder für Schuhe, Stoffen für Mon 
turen, Sprengmittel zum Stellungs- und Kavernenbau, 
Sprengkapseln und Zündschnüren, Kupfer und Nickel für 
die Geschoßerzeugung, Messing für die Munition usw., 
u. s. f. Alles und jedes mangelte, im Hinterland mußten 
die Rekruten mit Holzattrappen die Ausbildung machen 
und es kam nicht nur einmal vor, daß sie an der Front 
zum erstenmal scharf schießen konnten. Nur Mut und 
Treue zur beschworenen Pflicht, die hatten unsere Regi 
menter, auch die Zweierschützen, und darum ging der 
Krieg auch noch immer weiter. Im Hinterland begann 
der Kampf mit dem Hunger und damit auch der unter 
irdische Kampf um die Seelen, um das Vertrauen zum 
Staate. Es gärte überall und wer Ohren hatte zu hören, 
mußte auf Explosion gefaßt sein. Das alles wußte auch 
die österreichisch-ungarische oberste Heeresleitung und 
hatte schon am 25. August, also mitten in der elften 
Jsonzoschlacht, einen Plan zu einer gewaltigen Ent- 
lastungsoffensioe aus dem Raume Tolmein-Flitsch aus 
gearbeitet und das deutsche oberste Heereskommando um 
seine Mithilfe gebeten. Diese wurde sofort zugesagt und 
schon am 29. August fanden Besprechungen im Großen 
Hauptquartier statt. Es galt rasch zu sein, denn am 
22. Oktober wollte man losgehen. Große Truppenver 
schiebungen und das Bereitstellen von zusätzlich über 
1000 Geschützen mit genügender Munition und dies 
alles in den engen Räumen zwischen Gebirgswänden, 
über schlechte und zu wenige Straßen, mit einem aus- 
gewerkelten Eisenbahnpark war zu bewerkstelligen. Dabei 
sollte der Feind getäuscht werden, um die Überraschung 
zu sichern. Es gelang und diese Offensive ist als eine der 
größten in die Geschichte eingegangen. Die Italiener 
hatten zwar eine Ahnung über unsere bevorstehende 
Offensive, irrten sich aber über deren Umfang. Erst als 
sie von dem Erscheinen reichsdeutscher Truppen erfuhren, 
begannen sie die Gefahr zu ahnen. Auch die Italiener 
planten ja einen neuerlichen Vorstoß und hofften be 
stimmt, noch vor Winters Einbruch in Triest zu sein. 
Die deutsche oberste Heeresleitung hatte das 14. Armee 
kommando unter General Otto v. Below mit der Aus 
führung des Großangriffes betraut. Nur knapp ein 
Monat war Zeit gewesen, die umfangreichen Vorberei 
tungen, wozu auch großangelegte Täuschungsmanöver 
gehörten, durchzuführen. Das Alpenkorps wurde zum 
Beispiel nach Tirol gefahren und in Bozen eine Radio- 
station recht auffallend betrieben, kleine deutsche Trup 
penteile ließen sich auch am untersten Jsonzo sehen, da 
für trugen die im eigentlichen Operationsraum zur 
Aufklärung eingesetzten Deutschen österreichische Kappen. 
Auch die Bereitstellung der deutschen und österreichischen 
Truppen sollte keine Schlüsse für die Richtung des 
Stoßes zulassen. Deshalb wurden die sieben deutschen 
Infanteriedivisionen so verteilt, daß drei im Becken von 
Villach und vier im Raume von Laibach untergebracht 
wurden. In Kärnten sammelten sich auch die aus Tirol 
herangeführten österreichisch-ungarischen Divisionen. 
Ungeheures Material und tausende Geschütze mußten in 
den Raum um Flitsch, wohin nicht einmal eine Eisen
	        
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