Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

§ 55. Ferdinand und Isabella. Die Inquisition 
3 9 5 
und den erlösenden Tod zu beschleunigen, sich fast durchweg jedes 
ihnen zur Last gelegten Verbrechens bezichtigten. Als einzige Hinrich,- 
tungsart war die Verbrennung zugelassen („Hinrichtung ohne Blut 
vergießen“, wie der milde Ausdruck der Inquisitoren lautete). Die 
Verurteilten wurden an einen aus dem Scheiterhaufen ragenden Pfahl 
angebunden und verbrannten bei lebendigem Leibe; doch wurden den 
jenigen, die noch im letzten Augenblick Reue bekundeten, ihre Qua 
len dadurch erleichtert, daß man sie zunächst erdrosselte und erst 
dann verbrannte. An den ins Ausland geflüchteten Marranen wurde 
die Hinrichtung „in effigie“, d. h. dadurch vollzogen, daß man ihre 
Bildnisse verbrannte. Nach dem von Torquemada ausgearbeiteten Sta 
tut durfte aber die Inquisition auch über bereits verstorbene und erst 
nach dem Tode der Abtrünnigkeit überführte Sünder ihr Urteil fäl 
len; in solchen Fällen pflegte man die Gebeine der schon Bestatteten 
auszugraben und in Rauch aufgehen zu lassen, während ihr nachge 
lassenes Vermögen den Erben restlos entzogen wurde. Die verwaisten 
Kinder der Hingerichteten wurden den Henkern ihrer Väter, den In 
quisitoren, zur Erziehung übergeben. 
Dem Beispiel Kastiliens folgte auch Aragonien. Das Inquisitions 
tribunal von Saragossa, an dessen Spitze der Kanonikus Pedro Arbuez 
stand, ließ im Jahre i484 ein Autodafe auf das andere folgen. Dem 
König Ferdinand zu Gefallen unterließ man es hier sogar, den frei 
willig Bußetuenden eine Gnadenfrist einzuräumen: wurden doch die 
„mit der Kirche Versöhnten“ nur mit einer Geldbuße, nicht aber mit 
der Einziehung des gesamten Vermögens bestraft, wodurch dem Kö 
nig direkter Schaden entstand. So suchte denn Arbuez den Flammen 
der Scheiterhaufen unausgesetzt neue Nahrung zuzuführen. Seine 
Schergen bespitzelten die Marranen in ihren Häusern und schafften 
durch Bestechung Denunzianten und sonstige Belastungszeugen her 
bei. Auf die erste beste Angabe hin wurden ganze Marranenfamilien 
in Haft genommen und in den Kerker geworfen; das geheime Er 
mittlungsverfahren unter Anwendung der Folterung und die geheime 
Gerichtsverhandlung waren nur obligate Vorstufen zu dem unver 
meidlichen Scheiterhaufen. 
Der Terror der Inquisition zeitigte indessen in Saragossa einen 
Gegenterror von seiten der Marranen. Die Verschwörer faßten den 
Plan, den wütenden Inquisitor Arbuez seine Untaten büßen zu lassen, 
um dadurch allen seinen Berufsgenossen mitsamt allen Lockspitzeln
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.