Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes in Europa (5, Europäische Periode ; Das späte Mittelalter ; 1927)

Die kleineren Zentren und Kolonien im XIII. Jahrhundert 
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Anschlag zu sichern. Dies erwies sich jedoch als überflüssig, da die 
morgenländischen Gemeinden bereits aus eigenem Antrieb Salomo 
mitsamt seinem Anhang in Acht getan hatten. 
Um diese Zeit vermochte in Italien auch die Kabbala Wurzel zu 
fassen, die gleichfalls aus Spanien und zwar durch den bekannten 
Mystiker Abraham Abulafia (oben, § 19) dorthin verpflanzt worden 
war. Trotz des Mißerfolgs, der allen seinen abenteuerlichen Unter 
nehmungen beschieden war, blieb die von ihm ausgestreute kabba 
listische Saat nicht fruchtlos. Der erste dem italienischen Boden selbst 
entsprossene Kabbalist war Menachem Rekanati, der um die Wende 
des XIII. Jahrhunderts wirkte und der Verfasser eines mystischen 
Kommentars zum Pentateuch und zum Gebetbuch war. Menachem 
hielt an dem Parallelismus der geoffenbarten und der geheimen Lehre 
unerschütterlich fest und nahm an, daß die letztere seit der Zeit des 
Propheten Elias bis auf die des Ramban und der jüngsten Kabbalisten 
in einer sich ununterbrochen fortspinnenden Tradition erhalten wor 
den sei. Seiner Exegese legt Menachem Rekanati solche unanfechtbare 
Quellen wie hellseherische Träume, ja sogar unmittelbar vom Himmel 
kommende Winke zugrunde: „Dieser Gedanke — so berichtet er — 
offenbarte sich mir im Traume“ oder: „Was wir schrieben, wurde 
uns vom Himmel eingegeben“. Die Begeisterung für die Kabbala hin 
derte indessen Menachem nicht daran, auch Maimonides Verehrung 
entgegenzubringen und dessen „Führer“ in seinen wunderlichen 
Schriften häufig zu zitieren. Dies ist wohl auf die der damaligen 
Religionsphilosophie anhaftende Zwitterhaftigkeit zurückzuführen: 
der in der Bibelexegese sich breitmachende Allegorismus oder Sym 
bolismus bildete nämlich eine Brücke, die von der Philosophie zur 
Theosophie, vom Rationalismus zum Mystizismus hinüberleitete. 
§ 30. Polen als Kolonie der deutschen Judenheit 
Die nach dem ersten Kreuzzug einsetzende Auswanderung der deut 
schen Juden nach Polen (Band IV, §§ 3i und 55) kam auch im 
XIII. Jahrhundert nicht zum Stillstand. Zugleich mit den Juden zogen 
nach dem menschenarmen Polen auch viele den verschiedensten ur- 
deutschen Gegenden entstammende Deutsche, die hier vor dem auf der 
Stadt- und Landbevölkerung ihrer Heimat lastenden Drucke der herr 
schenden Klassen sowie vor den Schrecken des Bürgerkrieges Zuflucht
	        
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