Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes im Orient (3, Orientalische Periode / 1926)

Babylonien unter der persischen Herrschaft 
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und R. Simona in Pumbadita. Während der dann eingetretenen un 
ruhevollen Regierungszeit Ormizds IV. wurden beide Akademien wie 
der einmal geschlossen, so daß die Gesetzeslehrer von Ort zu Ort um 
herirren mußten. In diese Zeit fällt die Gründung einer provisori 
schen Talmudschule in der unweit von Nehardea gelegenen Stadt Pe- 
roz-Schabur. Erst nach der Befriedung des Landes konnte der Unter 
richt in den Hauptschulen von Sura und Pumbadita wieder auf ge 
nommen werden, doch scheint das Werk der Saboräer, soweit es sich 
um die Redaktion des Talmudtextes handelt, um diese Zeit bereits ab 
geschlossen gewesen zu sein. Der weitere Geschichtsverlauf in diesem 
Zeitabschnitt ist in völliges Dunkel gehüllt. Die Wirksamkeit der Ge 
lehrten, die in den letzten Jahrzehnten der persischen Herrschaft leb 
ten, mündet unmittelbar in die jener neuen geistigen Führer, die zu 
Beginn der Epoche der arabischen Herrschaft unter dem Titel „Gao- 
nen“ in den Vordergrund traten. Im Nebel der Übergangszeit tau 
chen unklare Silhouetten auf, die Umrisse der Personen und der 
Ereignisse verschwimmen und fließen ineinander, bis sich aus die 
sem geschichtlichen Chaos eine neue, durchsichtigere Zeitperiode her 
auszukristallisieren beginnt. 
§ 45. Die geschichtliche Bedeutung des Talmud 
Der Talmud stellt eine Riesenenzyklopädie des nachbiblischen Ju 
daismus dar, die seine religiösen Bräuche und Rechtsnormen, seine 
Theologie und seine Ethik in gleicher Weise umspannt. Vieles von 
dem, was dem urwüchsigen jüdischen Geist in den ersten fünf Jahr 
hunderten der christlichen Ära entsprossen ist, liegt hier in kon 
zentrierter Form vor. Es wäre deshalb falsch, den Talmud einen 
„Gesetzeskodex“ im üblichen Sinne zu nennen, denn neben den Ge 
setzen und ihrer Auslegung enthält er noch eine Fülle von gesetzge 
berischen Vorschlägen sowie darüber hinaus eine Unmenge von Wis 
sensstoff aus den Gebieten der Rechtslehre, der Medizin und Hy 
giene, der Agronomie und aus vielen anderen verwandten und an 
grenzenden Gebieten; auch die religiös-sittliche Belehrung nimmt den 
ihr gebührenden Raum ein. Aber selbst die Parteien mit gesetzgeberi 
schem oder halachischem Inhalt sind in der Gemara nicht in 
Form von Entscheidungen oder präzisen Schlußfolgerungen enthal 
ten, sondern in der von Erörterungen oder lebhaften Auseinander-
	        
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