Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes im Orient (3, Orientalische Periode / 1926)

§ 27. Die Exilarchen 
zugleich auf seinem Wege die jüdische Stadt Nehardea (261). Die 
jüdische Gemeinde mußte hier für ihre Treue dem König Schabur 
gegenüber hart büßen. So war denn die Diaspora zwischen zwei Feuer 
geraten: zwischen Rom und Persien. Die Kunde von der Zerstörung 
Nehardeas durch den Fürsten von Palmyra versetzte die Juden Ba 
byloniens und Palästinas in tiefe Trauer: dieser Volksschmerz war 
es, der in den oben (§ 2 5) erwähnten zornerfüllten Worten der Ge 
setzeslehrer über Tadmor und seine Bewohner zum Ausdruck kam 1 ). 
Nach dem Tode Schaburs I. setzte in Persien eine Zeit voller Wirren 
ein. Drei Jahrzehnte lang hielten sich wenig befähigte Herrscher auf 
dem Thron, die das Land vor dem Ansturm des Erzfeindes, der Rö 
mer, nur unzulänglich zu beschützen vermochten. Mehr als einmal 
drangen die römischen Truppen auf dem Wege nach Ktesiphon in 
Babylonien ein, und unter dem Kaiser Diokletian gelang es ihnen so-* 
gar, Armenien und einen Teil von Nordmesopotamien den Persern zu 
entreißen (298). Die unmittelbare Nachbarschaft der Römer konnte 
für die babylonischen Juden nichts Erfreuliches bedeuten, und doch 
wurde ihnen die römische Gefahr zum Nutzen: in ihrer prekären 
Lage auf die Unterstützung der jüdischen Bevölkerung angewiesen, 
hütete sich nämlich die persische Regierung wohl, die Bürgerrechte 
und die freie Selbstverwaltung der Juden irgendwie anzutasten. So 
sahen sich denn die in den verschiedenen Städten Babyloniens in 
kompakten Massen lebenden Juden de jure oder wenigstens de facto 
im Besitze einer ungeschmälerten Autonomie. Unter solchen Verhält 
nissen konnte Babylonien neben Palästina zu einem zweiten Auto 
nomiezentrum der jüdischen Nation werden. 
§ 27. Die Exilarchen und die Autonomie der Gemeinden 
An der Spitze der jüdischen Selbstverwaltung in Babylonien stand 
eine von der Regierung formell anerkannte Amtsperson, die den jü 
dischen Titel Resch-Galuta oder, der späteren griechisch-lateinischen 
1) In den talmudischen Überlieferungen tritt als Zerstörer Nehardeas ein ge 
wisser Papa bar Nazar auf, den Graetz für mit Odenath identisch hält, während 
andere (so Nöldeke) in ihm nur einen Bruder oder einen sonstigen Familien 
angehörigen des Odenath zu sehen geneigt sind. Das Jahr der Zerstörung Nehar 
deas ist von Graetz in der Note 28 zum IV. Band seiner „Geschichte“ zutreffen 
der angegeben als im Texte des Buches selbst: die Zerstörung fällt in der Tat 
in das Jahr 261, nicht aber in das Jahr 259 (vgl. S. 272 u. 455 in der
	        
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