Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes im Orient (3, Orientalische Periode / 1926)

Die Diaspora und das Zentrum in Babylonien 
186 
Die Vorrangstellung des Klerus mußte aber der Lage der Anders 
gläubigen zum Nachteil gereichen. Die fanatisierten persischen Prie 
ster, die Eiferer der Feueranbetung, versäumten es in der Tat auch 
nicht, den den Jupiter verehrenden Griechen, den Christen, aber auch 
den in Babylonien lebenden Juden in härtester Weise zuzusetzen. So 
wurde z. B. an den persischen Feiertagen, als die Zeremonien zu 
Ehren des Lichtgottes Ormuzd vor sich gingen und in den Götzen 
tempeln das heilige Feuer angezündet zu werden pflegte, den Juden 
untersagt, in ihren Häusern Licht zu machen. Die allzu eifrigen 
Feueranbeter drangen gewaltsam in die Häuser der Juden ein und 
konfiszierten den gesamten Brennstoff zur Beleuchtung ihrer Feuer 
tempel. 
Doch nahmen diese Verfolgungen bald ein Ende. Die Juden ver 
fügten in Babylonien über einen so weitgehenden Einfluß, daß dief 
neue Gewalt sich ihnen gegenüber auch in politischer Hinsicht Zwang 
auferlegen mußte. Hatte sie der erste König aus der Sassaniden- 
dynastie, Ardeschir, aus Rücksicht auf die fanatischen Priester des 
Feuerkultes, die ihm zum Throne verhalten, hart bedrängt, so erwies 
sich sein Nachfolger, der mächtige Herrscher Schabur I. (Sapor, 
241—272) den Juden gegenüber um so entgegenkommender. Einer 
der Repräsentanten der jüdischen Selbstverwaltung in Babylonien ge 
hörte zu seinen nächsten Vertrauenspersonen (unten, § 28). In einen 
endlosen Krieg mit seinen Nachbarn, den Römern, verwickelt, sah 
sich Schabur auf die Sympathien der Juden als eines internationalen 
Faktors sowie auf ihre finanzielle Unterstützung angewiesen. Auf sei 
nem Siegeszuge gegen die Römer drang Schabur in die von Juden 
dicht bevölkerte Hauptstadt Syriens Antiochia sowie in Kleinasien ein. 
I11 Caesarea-Masaka, der Hauptstadt Kappadociens, scheint er auf 
einen bewaffneten Widerstand seitens der dortigen jüdischen Bevöl 
kerung gestoßen zu sein und war gezwungen, mit ihr wie mit einer’ 
kriegführenden Partei zu verfahren: der Überlieferung zufolge sol 
len bei der Eroberung dieser römischen Provinz durch die Perser 
zwölf tausend Juden ums Leben gekommen sein. Bald geriet sogar der 
römische Kaiser Valerian selbst in persische Gefangenschaft (260). 
Doch gelang es dem Fürsten von Palmyra, Odenath (§ 2 5), die Rö 
mer aus ihrer Notlage zu befreien. Nicht genug, daß er die Perser 
aus Syrien vertrieb, drang er mit seinem Heere auch noch tief in, 
Mesopotamien ein, belagerte die Hauptstadt Ktesiphon und zerstörte
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.