Volltext: Die Geschichte des jüdischen Volkes im Orient (3, Orientalische Periode / 1926)

§ 26. Das parthische und neupersische Babylonien 
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sogenannte „seleucidische Ära“ 1 ), die bei ihnen noch viele Jahrhun 
derte später als offizielle Zeitrechnung im Gebrauch stand. Bemer 
kenswert ist die Tatsache, daß Judäa und Babylonien fast gleichzeitig, 
um die Mitte des II. Jahrhunderts v. d. ehr. Ära, die Seleucidenherr,- 
schaft abschüttelten, das eine dank den Heldentaten der Hasmonäer, 
das andere infolge des Einfalls der Parther und der Siege ihres Kö 
nigs Mithridates I. 
In den sturmerfüllten Jahrhunderten, da in Judäa der has- 
monäische Staat, das römische Protektorat, der Fall Jerusalems, die 
Erhebung des Bar Kochba und die neue nationale Niederlage in ra 
schem Wechsel aufeinander folgten, erfreuten sich die Juden Baby 
loniens unter dem Schutze der parthischen Könige aus der Dynastie 
der Arsaciden, der „großen Gebieter des Iran“, einer ruhigen und 
sicheren Existenz. Zur Zeit des Niederganges der Hasmonäerdynastie 
sahen die babylonischen Juden eine der höchstgestellten Persönlich 
keiten Judäas in ihrer Mitte weilen: den unglückseligen, von den Par- 
thern gefangengenommenen königlichen Hohepriester Hyrkan II.; 
unter Herodes I. gaben sie dem Mutterlande einen Hohepriester (Cha- 
nanel) und den großen Gesetzeslehrer Hillel, den Reformator der 
„mündlichen Lehre“. Ein halbes Jahrhundert vor dem Falle Jerusa 
lems bekehrten sich die Könige des parthischen Vasallenreiches Adia- 
bene unter dem Einfluß der babylonischen Juden zum jüdischen 
Glauben. Um die gleiche Zeit wurde der von Juden bewohnte Bezirk 
von Nehardea in Babylonien zum Stützpunkt der von den Brüdern 
Aniläus und Asinäus geführten kriegerischen jüdischen Freischar, die 
fünfzehn Jahre lang die Umgegend unsicher machte und auch der 
Regierung Parthiens nicht wenig Sorge bereitete * 2 ). Endlich stießen 
die babylonischen Juden während des Feldzuges des Trajan auch mit 
den Römern unmittelbar zusammen: sie unterstützten ihre parthischen 
Mitbürger bei der Abwehr der räuberischen Weltmacht und gaben zu 
gleich, indem sie in den Herzen ihrer Volksgenossen in Judäa von 
neuem die Begeisterung für die Freiheit entfachten, den ersten An 
stoß zu der revolutionären Erhebung unter Hadrian (oben, § 7). Der 
Zusammenbruch des Bar-Kochba-Aufstandes und die Gewaltmaßnah 
men des Hadrian trieben neue Massen von Auswanderern aus Judäa 
nach Babylonien, darunter auch viele Familien aus den gebildeten 
D Band II, S 2. 
2 ) Band II, §§ 47, 60, 96.
	        
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