Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

Anhang 
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Paris, 1914, bringt unter Aufbietung einer hervorragenden Gelehrsam 
keit die rechtliche und sozial-wirtschaftliche Lage der Juden im römi 
schen Imperium zur Darstellung, also gerade dasjenige, was von den ge 
schichtsschreibenden Theologen vernachlässigt worden war. Das Werk Ju- 
sters hat übrigens eine noch viel größere Bedeutung für die Geschichte 
der späteren römisch-byzantinischen Epoche. Infolge des Todes des Ver 
fassers (er ist im Weltkrieg gefallen) blieb sein Werk unvollendet. 
Und doch ist die jüdische Geschichtswissenschaft auch den das alte 
Judäa behandelnden christlichen Geschichtsschreibern zu Danke verpflich 
tet: nach den Quellen ihrer Religion eifrig forschend, untersuchten sie 
in aller Ausführlichkeit die ganze vorchristliche Periode und gewannen 
so viele überaus wertvolle Ergebnisse. (Neben den genannten allgemeinen 
Werken liegt eine Fülle von Monographien vor, die zum Teil unten in 
der Bibliographie vermerkt sind.) Der soziologisch orientierte Ge 
schichtsschreiber vermag unter Beiseitelassung der Tendenzen dieser For 
scher und bei aller kritischen Zurückhaltung sich ihre Forschungsergeb 
nisse dennoch zunutze zu machen. 
Note 2: Sadduzäer und Pharisäer 
(zu den §§ 24, 35, 59, 91, 92) 
Aus dem Wirrsal der Ansichten über das Wesen des Parteikampfes 
zwischen Sadduzäern und Pharisäern vermag uns nur eine Fragestellung 
herauszuhelfen, die auf das Faktische zugespitzt ist: wann kam dieser 
Kampf zuerst tatsächlich zum Ausbruch und worin äußerte er sich? Un 
sere Urquellen erteilen auf diese Frage eine ganz bestimmte Antwort: 
der erste Zusammenstoß spielte sich unter dem hasmonäischen Fürsten 
Jochanan-Hyrkanus ab, der als erster eine Eroberungspolitik zu treiben 
begann, während die nachfolgenden Zusammenstöße die ganze Regierungs 
zeit des Alexander-Jannäus ausfüllten, der diese Eroberungspolitik ge 
radezu zum Prinzip erhob. Auf diesem Boden eben vollzog sich der 
Bruch des Jochanan-Hyrkanus mit den Pharisäern, die seiner Politik wi 
derstrebten, und sein Übergang zu den Sadduzäern, die seine Gesinnungs 
genossen waren. Das, was sich unter Jannäus bereits in den Formen des 
Bürgerkrieges abspielte, war nur eine Fortsetzung des schon früher aus 
gebrochenen Parteikampfes. Nicht ohne Grund schiebt die talmudische 
Legende (Kidduschin 66) in ihrer der Erzählung des Josephus Flavius 
(Ant. XIII, 10, 5—7) parallelen Version die Schuld am ersten Zerwürf 
nis mit den Pharisäern dem Könige Jannäus zu: es ist nur natürlich, 
daß sie den eindrucksvolleren Namen des sadduzäischen Königs, der den 
Namen seines Vorgängers in den Schatten gestellt hatte, auf bewahrt hat. 
Hierin tritt mit völliger Klarheit das politische Motiv schon in der Ent 
stehung der Parteien zutage: in den ersten fünfzig Jahren des unabhän 
gigen Judäa, unter jenen zwei hasmonäischen Herrschern, denen 
allein eine lange Regierung beschieden war (i35—76, das eine
	        
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