Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

Die Entstehung des Christentums 
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trus auf und zeihte ihn der Inkonsequenz und des Unverständnisses 
der wahren Lehre Christi, die gerade in der Abschaffung des früheren 
Dogmas von der „Rechtfertigung durch das Gesetz“ bestünde. Es 
entbrannte nun ein offener Kampf in den Gemeinden Kleinasiens 
und Syriens zwischen den judenchristlichen Aposteln und dem „Apo 
stel der Heiden“, wie man Paulus nannte. Ein Widerhall dieses Kamp 
fes ist noch in den „Briefen“ des Paulus (besonders in denen an die 
Galater und Korinther) in seinem leidenschaftlich polemischen Tone 
sowie in seiner schonungslosen, manchmal die Grenze des Judenhas 
ses streifenden Zurückweisung des „Alten Bundes“ zu vernehmen. 
Immer weiter in der einmal erwählten Richtung fortschreitend, 
setzte Paulus seine Missionstätigkeit in Griechenland und Macedonien 
fort, wo sich um jene Zeit (5o—60) bereits Keimzellen des Christen 
tums herausgebildet hatten: so die kleinen Gemeinden von Korinth, 
Philippi, Thessalonike und anderen Städten. In jeder Stadt, die eine 
jüdische Kolonie barg, predigte er zuerst in der Synagoge; da er je 
doch nur selten Proselyten unter den Juden gewann, so wandte er sich 
dann mit seiner „Heilsverkündigung“ an die Heiden. Viele Griechen 
fühlten sich durch die ihren religiösen Anschauungen verwandte Theo 
sophie des Paulus angezogen; besonderes Wohlgefallen fanden sie an 
den gemeinsamen Mahlzeiten oder brüderlichen Abendmahlen, die an 
manchen Orten in orgiastische, den hellenistischen Kulten eigentüm 
liche Mysterien ausarteten. Der Apostel der Heiden mußte die Erfah 
rung machen, daß die von ihm der Anschauungsweise und den Nei 
gungen der Neubekehrten gemachten Konzessionen von diesen des 
wegen angenommen wurden, um die neue Religion zu einem weiteren 
Entgegenkommen an das Heidentum zu veranlassen. So mußte er in 
Korinth mit Empörung der Unzucht unter den neubekehrten Grie 
chen gewahr werden, die der Meinung waren, daß die von der „Skla 
verei des Gesetzes“ befreite neue Religion alles erlaube. Diesem Erbe 
der antiken Kultur, der Unzucht, trat nun Paulus mit der ganzen 
ihm eigenen Macht des Wortes entgegen. Er verfiel in das entgegen 
gesetzte Extrem und begann die Lehren des strengen Asketismus zu 
predigen. Die Moral des Paulus gründet sich auf dem Prinzip des 
Gegensatzes von Fleisch und Geist; das Fleisch ist der Urquell der 
Sünde: gegen das Fleisch müsse man kämpfen, von der Sünde könne 
man durch den Glauben und die Kommunion mit Christus, dem 
Erlöser, erlöst werden. Diese These einer unbedingten Sündhaftigkeit
	        
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