Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

§ 8. Menelaus und die inneren Wirren 
kunst, Diskuswerfen und in anderen gymnastischen Spielen und scheu 
ten sich nicht, vor der Zuschauermenge nackt aufzutreten. Sogar die 
jungen Priester verließen manchmal ihren Altardienst und eilten auf 
den benachbarten Platz, um an den belustigenden griechischen Spie 
len teilzunehmen. Dieses Treiben verletzte das religiöse und sittliche 
Gefühl der gesetzestreuen Juden aufs tiefste. Ohne auf das Murren 
der nationalen Partei zu achten, setzte indessen Jason seine Politik 
der Hellenisierung des Volkes immer weiter fort. Als in Tyrus, in 
Gegenwart des Antiochus, olympische Festspiele der Griechen veran 
staltet wurden, sandte auch Jason eine Abordnung jüdischer Jüng 
linge mit einer beträchtlichen Geldsumme hin, damit sie sich dort 
an der Opferdarbringung zu Ehren des phönizischen Herakles be 
teiligten. Die Abgesandten brachten es jedoch nicht übers Herz, die 
sen der Beteiligung am Götzendienst gleichkommenden Auftrag zur 
Ausführung zu bringen, und übergaben das Geld dem königlichen Fis 
kus zu Schiffbauzwecken. 
Eines Tages, während seines Aufenthaltes in Phönizien, besuchte 
Antiochus, dem Berichte des Chronisten zufolge, auch die Küsten 
stadt Jope (Jaffa) sowie das nahegelegene Jerusalem. — Jason be 
reitete ihm einen prunkvollen Empfang. Antiochus zog mit einem 
Fackelzug und unter Jubelrufen der Einwohnerschaft in Jerusalem 
ein. Der hohepriesterliche Usurpator tat alles Erdenkliche, um den 
König, der ihm unter Verletzung der Verfassung Judäas die Gewalt 
verliehen hatte, zu seinen Gunsten zu stimmen. Bald jedoch bekam 
Jason zu spüren, wie unbeständig eine nur von der königlichen Laune 
abhängige und unter Mißachtung des gesetzlichen Volkswillens er 
langte Macht ist. 
§ 8. Menelaus und die inneren Wirren 
Drei Jahre lang versah Jason das hohepriesterliche Amt. Infolge 
des willkürlichen Eingreifens der syrischen Regierung in die Ange 
legenheiten der jüdischen Selbstverwaltung war das Rechtsgefühl in 
den höheren Volksschichten schon so unterwühlt, daß auf die Würde 
des IJohepriesters nun ein Mann Anspruch zu erheben sich erkühnte, 
der nicht einmal seiner Abstammung nach dazu berechtigt war. Es 
war dies Menelaus aus der einer Seitenlinie des Hohepriesterge 
schlechts angehörenden Familie der Tobiaden. Er faßte den Plan, Ja- 
4 Dubnow, Weltgeschichte des jüdischen Volkes, Bd. II 
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