Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

Judäa unter der Seleucidenherrschaft 
syrischen Regierung erregte den Unwillen des Hohepriesters. Es kam 
zu einem Zusammenstoß zwischen Onias und Simon, der, wie es 
scheint, die Amtsentsetzung Simons zur Folge hatte. Von Rachegefühl 
gegen den Hohepriester getrieben, begab sich Simon zum Statthalter 
von Coelesyrien und Phönizien, Apollonius Thrasäi, und hinterbrachte 
ihm, daß im Jerusalemer Tempel nutzlos große Reichtümer lägen, 
die dem königlichen Fiskus zugute kommen könnten 1 ). Der Statthal 
ter erstattete Seleucus IV. darüber Rericht, und der König, der sich 
in großer Geldverlegenheit befand, schickte nun seinen Reichskanzler 
Heliodor nach Jerusalem niit dem Aufträge, die Tempelschätze ein 
zuziehen. Der Hohepriester machte Heliodor darauf aufmerksam, daß 
der Tempelschatz aus Depositen Privater, insbesondere aus Erbschaf 
ten von Witwen und Waisen, bestehe, der königliche Gesandte war 
aber unerbittlich. Er drang in das Heiligtum, um den königlichen 
Auftrag auszuführen; da stellte sich ihm aber irgendein unerwartetes 
Hindernis in den Weg. Die zum Phantastischen neigende Volkssage will 
wissen, daß Heliodor, nachdem er die Schwelle des Heiligtums über 
schritten hatte, von der Vision eines furchtbaren Reiters und zweier 
Jünglinge gebannt worden sei, die den kühnen Tempelschänder sogar 
zu Roden geworfen und fürchterlich zugerichtet hätten, so daß man 
ihn halbtot vor Schreck auf einer Tragbahre aus dem Tempel hinaus 
tragen mußte. So mußte der königliche Gesandte unverrichteter Dinge 
Jerusalem verlassen. Der verräterische Simon ließ sich jedoch durch 
das Mißlingen seines Plans nicht einschüchtern und setzte sein Ränke 
spiel gegen Onias fort. Er hinterbrachte dem König, daß die Schuld 
1 ) Nur so läßt sich m. E. der Verlauf der Ereignisse zwischen 180 und 170 
und die fortdauernd judenfeindliche Politik der beiden aufeinanderfolgenden Regie 
rungen Seleucus IV. und Antiochus IV. erklären. Der Aufseher Simon war der 
erste „Tempels-Hellenist, der bei den Seleuciden Hilfe suchte; zehn Jahre später 
ging Jason, nur noch entschlossener, denselben Weg. Der Hinweis des zweiten 
Makkabäerbuches 3, 4, demzufolge der Vorsteher Simon „sich mit dem Hohepriester 
in Sachen der städtischen Marktaufsicht (Agoranomie) entzweit“ hätte, zeugt von 
dem Bestehen von Meinungsverschiedenheiten in Verwaltungsangelegenheiten. Diese 
mochten in der griechenfreundlichen Gesinnung Simons ihre Ursache haben. Simon 
beabsichtigte anscheinend, die Stadtverwaltung in seine Hand zu bekommen, was für 
viele Demagogen jener Zeit der Weg zur Erlangung der Staatsgewalt war (wie 
Ed. Meyer, Ursprung d. Christ. II, i36 treffend annimmt). Übrigens stellt der 
Verfasser des Makkabäerbuches selbst einen inneren Zusammenhang zwischen dem 
Verrate Simons und dem Jasons fest, und überdies auch noch verwandtschaftliche 
Beziehungen zwischen Simon und dem Nachfolger Jasons, dem extremen Hellenisten 
Menelaus (Kap. 4, 1—7, 23). Vgl. unten, S 8, Anmerk. 
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