§ 70. Die Tetrarchien des Philippus und des Herodes-Antipas
zu benachrichtigen, worauf dieser dem Pilatus den Befehl erteilte,
nach Rom zu gehen, um dem Kaiser wegen der gegen ihn erhobenen
Anklagen Rede und Antwort zu stehen (36). Seitdem wurde Pilatus
in Judäa nicht mehr gesehen.
So ward Judäa von dem verhaßten Procurator befreit. Vitellius
suchte jetzt die in Erregung versetzte Bevölkerung zu beschwichtigen.
Zum Passahfest kam er selbst nach Jerusalem und ließ der Einwoh
nerschaft einige Vergünstigungen zuteil werden. Unter anderem
schaffte er auch ein für das Volk besonders ärgerliches Vorrecht der
Procuratoren wieder ab. Unter Herodes pflegte man nämlich, wie be
reits erwähnt, das Festgewand des Hohepriesters in einem der Türme
der an den Tempel anstoßenden Burg Antonia zu verwahren. Die
ersten Procuratoren, die in dieser Burg eine römische Besatzung ein
quartierten, ließen nun auch den hohepriesterlichen Ornat unter deren
Aufsicht. Nach wie vor befand sich der Ornat im Turme, in einem
besonderen Behälter, vor dem ständig ein Licht brannte, und nur am
Vorabend der großen Jahresfeste pflegte man ihn dem Hohepriester
zu geben. Auf diese Weise behielten die römischen Behörden die für
die Juden heiligen Gegenstände gleichsam als Unterpfand. Vitellius
gab nun Befehl, das Festgewand der Priesterschaft zur Verwahrung
an einem geeigneten Orte im Tempel auszuliefern. Zugleich setzte
er auch den Hohepriester Joseph Kaiaphas, der unter Pilatus das Amt
versehen hatte, ab und berief auf diesen Posten Jonathan, aus dem
Geschlechte des Chanan. — Während seines Feldzuges gegen die
Araber (im Jahre 37) sollte Vitellius mit seinem Heere durch Judäa
ziehen; auf die Bitte der Juden hin ließ er jedoch die Armee auf
Umwegen marschieren, um nicht durch Jerusalem mit den kaiser
lichen Feldzeichen ziehen zu müssen. Indessen hielt diese Beschwich
tigungspolitik nicht lange an und dem Lande standen noch schwere
Prüfungen bevor.
§ 70. Die Tetrarchien des Philippus und des Herodes-Antipas
Zur selben Zeit, als in Zentraljudäa, dem früheren Besitzanteil
des Archelaus, die römischen Procuratoren ihres Amtes walteten,
herrschten in ihren Landanteilen in den Grenzmarken die Söhne Hero
des I., Herodes-Antipas und Philippus. Wie bereits erwähnt (§ 67),
hatten sie beide seinerzeit von Kaiser Augustus die Würde von
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