Volltext: Die alte Geschichte des jüdischen Volkes (2, Orientalische Periode / 1925)

Die geistige Kultur in Judäa und in der hellenistischen Diaspora 
1 
A 
ben Grund anzunehmen, daß die auf gefundenen Fragmente einen 
Teil des ursprünglichen, für verschollen gehaltenen hebräischen Ori 
ginaltextes des Ben Sirah bilden. 
§18. Die Literatur in der Zeit der Verfolgungen; das Buch „Daniel“ 
Die Zeit des religiösen Märtyrertums unter Antiochus Epiphanes 
brachte eine eigene Literatur hervor, von der aber nur wenige, in 
anonymer oder pseudonymer Form im biblischen Schrifttum erhalten 
gebliebene Werke bis zu uns gelangt sind. Das große nationale Elend 
fand vor allem seinen Ausdruck in der religiösen Lyrik der Psalmen, 
Der Schmerz des Volkes tönt uns aus dem folgenden Psalm entgegen, 
der die Gewalttaten der syrischen Despoten in Judäa zur plastischen 
Darstellung bringt (Psalm 74)’ 
Warum hast du, Gott, auf ewig verstoßen, 
raucht dein Zorn wider die Schafe deiner Weide? 
Sie (die Feinde) legten Feuer an dein Heiligtum, 
entweihten deines Namens Stätte bis auf den Grund . . . 
Sie verbrannten alle Versammlungsstätten Gottes im Landet), 
unsere Zeichen sehen wir nicht mehr, kein Prophet ist mehr da, 
Und keiner bei uns, der wüßte, bis wann. 
Bis wann, Gott, soll schmähen der Widersacher? 
Soll der Feind deinen Namen ewig höhnen? . . . 
Dieselbe gramvolle, von einem patriotischen Aufruf zum Kampf 
mit den Verderbern des Vaterlandes begleitete Klage ertönt auch in 
einem anderen Psalm (79): 
Gott, Heiden sind in dein Erbe eingedrungen, 
haben deinen heiligen Tempel entweiht, 
Haben Jerusalem zu Steinhaufen gemacht, 
haben die Leichen deiner Knechte 
Den Vögeln des Himmels zum Fraß gegeben, 
das Fleisch deiner Chassidäer dem Wild des Landes. 
Vergossen haben sie ihr Blut wie Wasser 
rings um Jerusalem, und keiner, der sie begräbt . . . 
Eine Schmach sind wir unseren Nachbarn geworden . . . 
Gieß deinen Grimm über die Heiden, die dich nicht kennen, 
und über Reiche, die deinen Namen nicht anrufen, 
Denn sie verzehren Jakob 
und verwüsten sein Gefilde! 
1) Moade-El — anscheinend das übliche Epitheton für ländliche Synagogen 
(be’arez = „auf dem Lande“), in denen unabhängig vom Jerusalemer Tempel der 
Gottesdienst abgehalten wurde. 
104
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.