Volltext: Innviertler Heimatkalender 1913 (1913)

74 
er war damals schon so gut aufgelegt und so voller Freude über seinen treuen Heim¬ 
begleiter, daß er sich nicht halten konnte. Den Scheiterstoß hat er umarmt und 
zwischen die Scheiter durch hineingeflüstert: „Vergelts dir Gott, mein Sicht!," hat 
er gesagt, „daß mi heint wieder so schön nach Haus begleitet hast. Bei der Finsternis 
hätte i mi schön Verstoßen und herfallen. Vergelts dir Gott! Gelt ja!" 
Kaum war er aber mit feiner Dankrede zu Ende, da erhielt er auf einmal 
von unsichtbarer Hand eine schallende Ohrfeige. Die hätte er schon noch verschmerzt, 
aber daß das Lichtlein von jener Nacht an nimmer auf ihn gewartet Hat, das Hat 
ihn bis zu feiner letzten Stunde gewurmt, den alten Mayer. ■ 
3. Die Mäuse im Molzösterer See. 
Der Gras von Fränking war ein Harter Mann und, statt von feinem Reichtum 
und Ueberfluß den Armen und Darbenden zu spenden, bedrückte er sie und plagte 
sie, wo er nur konnte. So ließ er einmal das arme Volk zusammenkommen und 
sagte den Leuten, sie dürften sich aus feinem Speicher Korn holen, soviel ein jeder 
nur schleppen könne. Als dann alle im Speicher waren und ihre Säcke füllten, ließ 
der Wüterich den Kornkasten absperren und in Brand stecken. Laut tönte das Weh¬ 
klagen der armen Leute heraus, doch der Gras lachte und sagte spottend zu seinen 
Spießgesellen: „Hört ihr, meine Kornmäuse pfeifen!" 
Doch die Strafe blieb nicht aus. Bald nach dieser Schandtat erschienen aus 
dem Grafenschlosie solche Unmengen von Mäusen, daß sich der Graf und die Seinen 
nicht mehr zn helfen wußten. Er konnte nicht schlafen, denn es weckten ihn die Mäuse, 
er konnte nicht essen, es sprangen ihm die Mäuse über Teller und Schüssel, und 
wollte er trinken, so hüpfte gewiß eine Maus aus dem Kruge und er mußte ihn 
schaudernd wieder nieberftetlen. Bei Tag unb bei Nacht hatte er vor betn Ziefer 
keine Ruhe. 
Da ließ er sich mitten im Holzöfterer See ein neues Schloß bauen unb hoffte, 
so feinen Peinigern zu entrinnen. Doch bie Mäuse schwammen über ben See, brangen 
in bas wohlverschanzle Schloß unb kamen auch in das Zimmer des Grasen trotz 
Riegel und Ketten. Sie fielen über den Bösewicht her unb zernagten ihn bei 
lebenbigem Leibe. 
4- Der Kolstergraberr vsn Hochburg- 
In ber Gemeinbe Hochburg, mehr gegen Sonnenaufgang hin, zieht sich ein 
Graben zwischen den Ortschaften Staudach und Parsdorf hinunter nach Grünhilling. 
Er ist heute noch zu finden, ihr braucht nur nach dem Polstergraben zu fragen. 
Früher hat es in biefer (Segenb freilich ganz anders ausgesehen, denn bis vor 
wenigen Jahren staub bort herum ein bichter Walb unb der Polstergraben galt als 
ein unheimlicher Ort. 
Eine Sage erklärt uns, warum bie Leute ben Polstergraben so gemieden haben, 
unb man erzählt: Vor mehreren Jahrhunberten hielt sich in diesem Wald ein Zwerglein 
auf, das mußte einen Schatz bewachen. Kam nun ein Wanberer zufällig in ben 
Graben, so war auch bas Zwerglein zur Stelle. In jeber Hanb hatte es eine spitzige 
Nabel unb stach wie wütenb auf ben verbutzten Mann los. Gelang es ihm, dem 
Fremben eine Nabel in das Fleisch zu treiben, so hotte es gleich eine neue vom 
Kopf herab — denn ihr müßt wissen, auf betn Kopfe trug das Zwerglein einen 
Polster unb in bem Polster steckten soviel Nabeln, daß der kleine Kerl fast einem 
Igel glich. Meist haben aber bie Leute ben zweiten Stich schon von rückwärts Be¬ 
kommen, einen brüten hat überhaupt nur ganz selten einer zu erleiben gehabt. — 
Warum benn wohl?
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.