Volltext: Österreichisch-ungarisches Rotbuch / Diplomatische Aktenstücke betreffend die Beziehungen Österreich-Ungarns zu Italien

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tärischen Einwendungen sich nicht zu verschließen und eher ge¬ 
neigt, über dieses Bedenken hinwegzusehen. 
2. Die parlamentarische Ratifizierung der Gebietsabtretung. 
Er rechne mit der Notwendigkeit, einen eventuell abgeschlossenen 
Akkord dem italienischen Parlamente schon jetzt zur Approbation 
vorzulegen, wodurch Italien definitiv gebunden wäre, während bei 
uns, wenn die Vereinbarung erst nach dem Friedensschlüsse vor 
die Parlamente käme, die Möglichkeit offen bliebe, daß die Ver¬ 
tretungskörper ihre Einwilligung verweigern. Die Zusage einer Re¬ 
gierung könne nur diese selbst binden, im Falle parlamentarischer 
Ablehnung müßte sie zurücktreten und es entstünde der Fall, daß 
Italien auf Grund des Akkords seine Zusagen eingehalten habe, 
während die Zession hinfällig werde. Er sehe jetzt nicht, was für 
Garantien es gebe; ich bemerkte, daß Euer Exzellenz gewiß bereit 
wären, über diese Garantiefrage zu reden. 
Im übrigen spielte sich Unterredung in freundschaftlichsten 
Formen ab. Minister erwähnte auch des Wunsches der Beschleuni¬ 
gung, den er in die Bezeichnung „un paio di settimane" („ein paar 
Wochen") faßte; er sehe ihn nicht als Termin an, sondern habe 
damit nur vermeiden wollen, daß man von irgend einer Seite an 
eine Verschleppungstaktik glauben könnte. 
122. 
Baron Burián an Freiherrn yon Macchio. 
Telegramm. Wien, am 19. März 1915. 
Wie ich zu konstatieren in der Lage bin, hat ein unterlaufenes 
Mißverständnis einen ungünstigen Eindruck bei dem italienischen 
Minister des Äußern hervorgerufen. 
In meiner letzten Unterredung mit dem italienischen Bot¬ 
schafter habe ich nämlich bei der Ablehnung des italienischen 
Verlangens nach sofortiger Übergabe des eventuell zedierten Ge¬ 
bietes unter anderem darauf hingewiesen, daß ebenso, wie unsere 
eventuellen künftigen Errungenschaften auf dem Balkan uns erst 
bei dem Friedensschlüsse definitiv zufallen werden, auch die mate¬ 
rielle Besitznahme des von uns an Italien abzutretenden Terri¬ 
toriums simultan erst in jenem Momente werde eintreten können. 
Baron Sonnino scheint diese Äußerung nun dahin zu interpretieren, 
als ob ich zwischen der Übergabe des abzutretenden Gebietes an 
Italien und der Frage, ob und welche Errungenschaften auf dem 
Balkan sich für uns am Ende des Krieges herausstellen werden, 
ein Junktim konstruieren wollte. Dies ist aber keineswegs meine 
Absicht. Ich stehe vielmehr auf dem Standpunkte, daß unsere 
Gebietsabtretung an Italien in keiner Weise davon abhängig sein 
soll, ob und welche territorialen oder sonstigen Vorteile wir durch 
die Ausnutzung der von Italien uns für die ganze Dauer des Krieges
	        
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