Volltext: Österreichisch-ungarisches Rotbuch / Diplomatische Aktenstücke betreffend die Beziehungen Österreich-Ungarns zu Italien

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111. 
Baron Burián an Freilierrn yon Macchio. 
Erlaß. Wien, am 1. März 1915. 
In der Anlage übersende ich Euer Exzellenz die Aufzeichnung 
über eine Unterredung, welche ich am 26. v. M. in der Korn-» 
pensationsfrage mit dem hiesigen königlich italienischen Botschafter 
hatte. 
Beilage. 
Wien, am 26. Februar 1915. 
Baron Sonnino hat meine Einwendungen gegen seine Auslegung 
des Artikels VII und gegen die im Tone eher heftigen Betrachtungen, 
die er daran geknüpft hatte, mit einer kurzen Replik zu entkräften 
versucht, die mir der italienische Botschafter heute zur Kenntnis 
brachte. 
Der Minister wiederholt seine Versicherung, daß das vorherige 
Übereinkommen über eine Kompensation vor Beginn irgend welcher 
militärischen Aktion unsererseits nicht nur eingeleitet, sondern zum 
Abschlüsse gebracht sein müsse, und besteht auf seinem zweifachen 
Gesichtspunkte, daß, bevor wir in Aktion treten, ein vollständiges 
„vorheriges Übereinkommen" („accord préalable") vorliegen müsse, 
und daß jede bezügliche Konversation nur dann ein praktisches 
Resultat verspräche, wenn sie auf der Grundlage des Prinzipes der 
Abtretung österreichisch-ungarischen Gebietes geführt würde. 
Bezüglich der ersten Frage versucht Baron Sonnino neuerdings 
seinen Gesichtspunkt mit der Erwägung zu begründen, daß Italien, 
wenn es der Wiederaufnahme unserer Feindseligkeiten gegen Ser¬ 
bien vor dem vollständigen Abschlüsse unseres Übereinkommens 
zustimmen würde, sich der Gefahr einer Verzögerung unserer Ver¬ 
handlungen, bis wir uns alle unsere Vorteile in Serbien sicher¬ 
gestellt hätten, ausgesetzt und sich um jede Kompensation ge¬ 
bracht sähe. 
Ich habe Herzog Avarna aufmerksam gemacht, daß, wenn eine 
Gefahr dieser Art bestünde, sie für uns weit größer wäre, die wir 
uns durch die italienische Auslegung des Artikels VII dem aus¬ 
gesetzt sehen würden, daß wir durch in die Verhandlungen ge¬ 
brachte Verschleppungen auf unabsehbare Zeit Gewehr bei Fuß 
zurückgehalten werden und ohne Möglichkeit einer Verteidigung 
allen Angriffen und Unternehmungen unserer Gegner im Süden aus¬ 
gesetzt bleiben, eine für eine kriegführende Macht unannehmbare 
Situation. 
Der Botschafter hat hierauf bemerkt, seine letzten Weisungen 
enthielten eine Stelle, welche die Möglichkeit einer Änderung der 
Vorgangs weise bei unseren künftigen Besprechungen enthielte und 
welche ihm bis zu einem gewissen Punkte meinen Skrupeln Rech¬ 
nung zu tragen scheine. Baron Sonnino habe ihn verständigt, daß 
sich die beiden Teile außerhalb des strikten Sinnes des Artikels VII, 
wenn besondere Umstände dies rätlich erscheinen ließen, dahin ver¬ 
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