Volltext: XI. Jahrgang, 1906 (XI. JG., 1906)

Nr. 14. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Seite 123. 
Vermischtes. 
Über seltsame Straßeiipflasteruiigen verbreitet sich 
ein Mitarbeiter, der „Berliner Zeitung“ in launiger Weise 
wie folgt: Die Gelehrten sind sich bekanntlich noch 
immer nicht darüber einig, mit welchem Material man 
eigentlich am besten und praktischesten die Straßen 
pflastern könnte. Alles was man bisher versucht hat, ist, 
wie das gewöhnlich geht, zuerst als etwas Herrliches ge 
priesen worden, bis man es schließlich als unbrauchbar 
wieder abschaffte und in den meisten Fällen ist man 
immer wieder auf die bewährten guten Pflasterungs 
materialien zurückgekommen. In verschiedenen deutschen 
Städten hat man bekanntlich neuerdings angefangen, die 
Straßen mit Gummi zu pflastern und auch in Londen 
hat man Versuche damit gemacht, die so weit ganz zu 
friedenstellend ausgefallen sind. Der Hof des neuen 
Savoy-Hotels hat z. B. ein Gummipflaster. Es gibt aber 
noch Städte mit weit seltsameren Pflasterungen, aller 
dings sind dieselben nicht leicht zu erreichen, man muß 
erst in das Land der Seltsamkeiten, nach Amerika, gehen. 
Da ist z. B. die auch sonst bekannte Stadt Denver in 
Colorado. Die glücklichen Bewohner dieses Ortes gehen 
auf einem etwas teuren Pflaster spazieren, denn dasselbe 
enthält nämlich ein gut Teil Gold. Eine Tonne des 
Materials, mit welchem die Straßen gepflastert sind, 
enthält Gold im Werte von 15 Schillingen bis zu einem 
Pfund, es war aber unter den Umständen doch noch 
das billigste Gestein, welches man für diesen Zweck be 
kommen konnte. Ähnlich sind die Verhältnisse in Preskott, 
der Hauptstadt von Arizona, wo eine Tonne des Stein 
pflasters Gold im Werte von 16 Schillingen und Silber 
im Werte von zwei Schillingen enthält. W T eit teurer ist 
dTtsePflaster vonvAltmän,r^üinem' Ort - iivCblofradöy wo das 
Gold, welches in einer Tonne Gestein vorhanden ist, 
einen Wert von vier Pfund, also 80 Mark, repräsentiert. 
Sobald dieser Goldgehalt festgestellt worden war, be 
gannen die Leute die Straße aufzureißen und die Steine 
mit nach Hause zu nehmen, bis die Polizei eingreifen 
und diesen Unfug verhindern mußte. Etwas weniger 
wertvoll, aber desto grausiger sind die „Pflastersteine“, 
mit welchem die Straßen der Stadt Gwandu in Zentral 
afrika gepflastert sind. Dieselben waren nämlich ur 
sprünglich menschliche Schädel, und es heißt, daß 
12.000 derselben gebraucht wurden, um die Straßen damit 
auszufüllen. Dabei haben die guten Bewohner scheinbar 
noch Menschenschädel übrig gehabt, denn diese reizende 
Stadt ist von einem Pallisadenzaun umgeben, auf dessen 
Spitzen eine große Menge Menschenschädeln als Dekoration 
angebracht worden sind. Vor den Eingangstoren der 
Stadt ist ein besonders dichtes Pflaster von Menschen 
schädeln gemacht, welche an den Stellen, wo es am 
meisten abgetreten ist, wie Elfenbein glänzt. In London 
kann man übrigeres auch in dieser Beziehung etwas 
Seltenes sehen. In dem Vorort Battersea sind nämlich 
die Straßen mit verdorbenem Obst gepflastert. Man hat 
dort nämlich einen Prozeß erfunden, nach dem man ver 
dorbenes Obst verbrennen und die Asche dann zu einer 
Art Gestein zusammenpressen kann. 
Eine Mahnung an die Hausbesitzer. Die Leipziger 
Neuesten Nachrichten brachten vor kurzem folgendes 
Eingesandt: Gegenwärtig ist wieder die Zeit des Fassaden 
abputzes gekommen und mancher Hausbesitzer steht 
vor der Frage, ob auch er sich zu der Ausgabe eines 
Abputzes entschließen soll. Vielleicht ist ihm da die 
folgende Anregung wertvoll, deren Befolgung sich be 
reits als sehr zweckmäßig bewiesen hat: Nichts ist 
nämlich schrecklicher anzusehen, als wenn mitten in 
einer älteren Häuserreihe, die das übliche verrußte Groß 
stadtaussehen zeigt, plötzlich eines neu abgeputzt wird. 
Dann leuchtet es zwar sehr hervor und lockt Miet 
lustige an, seine Nachbarn aber verlieren umsomehr. 
Noch schlimmer aber, wenn gar mitten zwischen zwei 
neuabgeputzten eines steht, das ungeputzt und unge 
waschen bleibt. Die Vorübergehenden lächeln, die Be 
wohner ärgern sich und Mietlustige laufen entsetzt davon! 
Dem ist abzuhelfen, wenn die Hausbesitzer einer ganzen 
Straße oder eines Teiles derselben oder wenigstens 
mehrerer nebeneinanderliegender Häuser sich zusammen 
tun und im selben Frühjahr den Hausabputz vornehmen 
lassen. Einmal verbilligt sich die Sache, wenn alle den 
selben Baumeister nehmen, dann aber gewinnt auf diese 
Weise die Straße ein ganz anderes Aussehen und einen 
ganz anderen Mietwert. Das ist aber besonders bei älteren 
Straßen sehr wesentlich. Drohen doch die Neubauten den 
älteren Häuser immer mehr, ihnen die besseren Mieter 
zu entreißen, da diese lieber in schönen neuen Straßen 
als in einem alten schmutzigen Haus oder gegenüber von 
einem solchen wohnen. Diese Gefahr wird beseitigt und 
die Mieter in der ihnen liebgewordenen alten Wohnung 
und Straße bleiben, wenn diese in ihrer Gesamter 
scheinung ein freundlicheres, modernes Aussehen erhält. 
Deshalb mögen sich die Hausbesitzervereine diese An 
regung zu Nutzen machen. Der einzelne Hausbesitzer 
aber, der sieht, daß gegenüber von ihm oder neben ihm 
der Nachbar sein Haus abputzt, oder wenn er gar be 
merkt, daß zu beiden Seiten die Häuser abgeputzt 
werden, entschließe sich schnell und lasse auch den Bau 
meister koihmen; : selbst wenn: er esi schließlich hoch bis* 
nächstes Jahr hätte aufschieben können. Der Erfolg wird 
nicht ausbleiben. Das Mittel ist gut. 
Drehbare Villen baut als Spezialität ein französischer 
Architekt. Jedes der schon mehrfach ausgeführten Ge 
bäude ist auf einer großen Drehscheibe errichtet, deren 
Konstruktion von den für Lokomotiven und Eisenbahn 
wagen bestimmten nicht viel abweicht. Die Drehung der 
Scheibe kann mit einer Handkurbel oder durch einen 
kleinen Elektromotor bewerkstelligt werden. Da man ab 
wechselnd jede Seite einer solchen Villa der Sonne zu 
wenden kann, liegen die Vorteile dieser Bauart in hy 
gienischer Beziehung auf der Hand. Sie dürfte daher be 
sonders für Häuser, die zum Aufenthalt von Kranken und 
Rekonvaleszenten dienen, geeignet sein. Die Herstellungs 
kosten sind allerdings ziemlich hoch. 
Komfort in Berliner Wohnungen. Man kann ja 
nicht grade sagen, daß die neuen Häuser in Berlin und 
den Vororten, die wie Pilze nach dem Regen aus der 
Erde schießen, „für die Ewigkeit“ gebaut sind. Wenig 
stens läßt die imitierte Bekleidung der Fassaden und die 
Leichtigkeit der Bauart, die jeden Fußtritt von einer 
Etage zur andern hören v und jedes lauter gesprochene 
Wort verstehen läßt, durchaus nicht darauf schließen. 
Nichtsdestoweniger haben die letzten Jahre eine Wandlung 
in der inneren Ausgestaltung hervorgebracht, die etwas 
verblüffendes an sich hat. Wo sind die schönen Zeiten 
hin, wo man sich nachts mit dem Fünfminutenbrenner 
Hände und Kleider beschmutzte, und doch stets über 
seinen eigenen Schatten stolperte! Heute entzündet sich 
beim Öffnen der Haustür selbsttätig das elektrische Licht 
und folgt einem zwanglos hinauf bis an die Wohnungs-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.