Volltext: X. Jahrgang, 1905 (X. JG., 1905)

Seite 30. 
Oberösterreichische Bauzeitung. 
Nr. 4. 
3 Tage an selber Stelle gefunden werden können. Wie 
im Plane ist, soll der Franz Josefplatz jetzt elektrisch 
beleuchtet werden, ein Fortschritt, der allgemeine An¬ 
erkennung finden muß; noch größere Freude würde 
aber die Nachricht verbreiten, daß man maßgebenden 
Orts daran geht, die Straßensäuberung bei uns in einer 
Weise durchführen zu lassen, daß sie nicht mehr zum 
Gespötte aller fremden Besucher unserer Landeshaupt¬ 
stadt dienen kann. Koi'nhoffer. 
Die technische Ausbildung in Japan. 
Von einem Freunde unseres Blattes, der im Jahre 
1901 Japan bereiste, erhalten wir über die technische 
Ausbildung der Studierenden dortselbst nachstehende 
interessante Mitteilung. Der Gang der Ausbildung im 
„College“ (Technische Hochschule) in Tokio ist ein sehr 
vollständiger und erstreckt sich auf sechs Jahre. Die 
beiden ersten werden ganz im College verlebt. Während 
der beiden nächsten werden sechs Monate jeden Jahres 
ebenfalls im College verbracht und sechs Monate in der 
Praxis der von dem Studierenden erwählten besonderen 
Branche. Durch diesen Wechsel von Theorie und Praxis 
wird es den Schülern ermöglicht, während jeden Arbeits¬ 
semesters die praktische Anwendung der im voran¬ 
gegangenen Halbjahr erlernten Prinzipien kennen zu 
lernen. Die letzten zwei Jahre werden ausschließlich zu 
praktischen Arbeiten in einem dem öffentlichen Arbeits¬ 
departement gehörigen Etablissement benutzt. Es sind 
Einrichtungen getroffen zu sehr vollständigen Unter¬ 
richtskursen. 1. Kursus für Zivilingenieure; 2. für 
Maschineningenieure; 3. für Telegraphie; 4. für Archi¬ 
tektur; 5. für praktische Chemie und Metallurgie und 
6. für Bergbauwesen. Haben die Studenten diese Klassen 
absolviert, so werden 12 von ihnen nach England ge¬ 
schickt und besuchen dort die Universität oder andere 
Lehrinstitute, ein Beweis, daß sie im eigenen Lande aus 
dem guten Unterricht, der ihnen zuteil geworden, Nutzen 
gezogen haben. 
Schon vor Jahren stellte der Vorsitzende Regeln 
auf für ein Ingenieur- oder technisches Institut und dies 
hat sich in einem sehr hohen Grade entwickelt; seine 
Mitglieder bilden die mächtigsten Faktoren in dem 
industriellen Aufschwung, welcher sich seither im Reiche 
geoffenbart hat. Die leitenden Kräfte bestehen noch 
größtenteils aus früheren Studenten aus dem ersten Jahre 
des Engineering College. Dieses College ist indes nicht 
das einzige Institut des Landes, in welchem Technik ge¬ 
lehrt wird. Das Imperial College of Engineering (Kobu 
dai-gukko) steht in Verbindung mit dem Departement 
für öffentliche Arbeiten und war es anfangs Absicht, 
dieses Departement mit Offizieren zu besetzen. Im Laufe 
der Zeit traten verschiedene Veränderungen in dem 
Engineerung College und seiner Zusammensetzung ein; 
1885 ging das Departement für öffentliche Arbeiten ein, 
die Funktionen wurden anderen Departements zugeteilt 
und man sah sich dadurch veranlaßt, das College dem 
Departement für Erziehung zu unterstellen. 
Am 1. März 1886 wurde ein kaiserlicher Erlaß zur 
Reorganisation der Universität veröffentlicht und das 
Engineering College wurde mit diesem neuen Institute 
verschmolzen. Die Universität hat jetzt Abteilungen für 
Gesetzgebung, Medizin, Technik, Literatur, allgemeine 
Wissenschaft und Landwirtschaft. Jeder Kursus um¬ 
faßt drei Jahre, der für Medizin vier Jahre. 
In dem Engineering College werden jetzt Lehrkurse 
gehalten: 1. Zivilingenieurwesen; 2. Maschinentechnik; 
3. Schiffsarchitektur; 4. Waffentechnik; 5. Elektrizitäts¬ 
wesen; 6. Architektur ; 7. praktische Chemie: 8. Technik 
der Explosivkörper, Bergbauwesen und Metallurgie. Das 
College besitzt mehrere vollständige Laboratorien und 
Arbeitshallen. In denjenigen, welche sich auf Maschinen¬ 
technik beziehen, erhalten die Studenten die erste Be¬ 
lehrung über Maschinenwerkzeuge und praktische Arbeit. 
Sie sind mit verschiedenen Arten von Dampf-, Gas- 
und Heißluftmaschinen versehen, welche zum Zwecke 
des Experimentierens aufgestellt sind, ebenso wie zahl¬ 
reiche Maschinen Werkzeuge und Versuchsmaschinen 
jeder Art. In dem Laboratorium für Bergbauwesen und 
Metallurgie sind besondere Einrichtungen aufgestellt 
zur Erzaufbereitung und es sind eine Menge Hilfsmittel 
für bergbauliche und metallurgische Zwecke vorhanden. 
Das Laboratorium für Elektrizitätswesen und die 
praktische Chemie sind mit den neuesten Plinrichtungen 
versehen und ist jede mögliche Erleichterung zur voll¬ 
ständigen Belehrung gegeben. Jedes Departement be¬ 
sitzt ein Museum, in welchem Proben, Modelle, Instrumente 
etc., deren man für die verschiedenen Studien bedarf, 
aufgestellt sind und die zu Experimenten, Illustrationen 
und praktischer Arbeit dienen. Es fehlen aber die voll¬ 
ständigen Einrichtungen für praktische Ausbildung, wie 
solche bei der ersten Anlage des Engineering College 
bestanden; ein großer Teil der technischen und 
industriellen Unternehmungen ist in den Besitz großer 
Privatfirmen oder großer Gesellschaften übergegangen und 
die Studenten müssen ihre praktische Ausbildung dort 
zu erreichen suchen, so gut es gehen mag. Die Folge 
hievon ist, daß die Studenten wohl gut theoretisch aus¬ 
gebildet sind, aber von der praktischen Anwendung 
wenig Begriff haben und sich weniger dafür begeistern, 
als diejenigen, welche in der ersten Zeit ihrer Laufbahn 
einen aus Theorie und Praxis kombinierten Kursus durch¬ 
gemacht haben. Wahrscheinlich machten die veränderten 
Verhältnisse des Landes diesen Wechsel der Einrichtungen 
notwendig, aber diejenigen, welche ihn am besten zu be¬ 
urteilen vermögen, halten ihn nicht für eine Ver¬ 
besserung. In Verbindung mit dem Engineering College 
steht das College für Wissenschaften, in welchem voll¬ 
ständige Lehrkurse für folgende Fächer gehalten werden. 
1. Mathematik; 2. Astronomie; 3. Physik; 4. Chemie; 
5. Zoologie; 6. Botanik; 7. Geologie. Die Berichte, welche 
bereits veröffentlicht wurden, zeigen, daß die Erfolge des 
Unterrichtes sehr befriedigende sind und sich mit jedem 
derartigen Institut der Welt messen können. Das einzige 
College, welches von besonderem Interesse ist, ist das¬ 
jenige für Landwirtschaft, in welchem Kurse über: 
1. Landwirtschaft; 2. landwirtschaftliche Chemie; 3. Forst¬ 
wesen ; 4. Tierarzneikunde, gehalten werden. Wir zögern 
nicht zu sagen, daß die Zöglinge der japanischen 
Universität ebenso gut Gelegenheit haben sich zu unter¬ 
richten, wie diejenigen anderer Länder. Es mögen in 
England, Deutschland einige wenige japanische Studierende 
sich an Techniken oder Universitäten aufhalten zum 
Studium spezieller Gegenstände, aber keiner derselben 
wird es für notwendig erachten, den Lehrgang eines 
gewöhnlichen Studierenden zu wiederholen, nachdem er 
einen systematischen Kursus in der Heimat durch¬ 
gemacht hat. Die Gesamtzahl der auf der Liste der 
Universität von Tokio bezeichnten Studenten, wie sie 
die letzte Ausgabe des Kalenders von 1900 enthält, war
	        
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