Volltext: IV. Jahrgang, 1899 (IV. JG., 1899)

IV. Jahrgang, Nr. 4. 
Linz, 15. Februar 1899. 
Qberösterreiciusche Banzeitung 
Zeitschrift für Bauwesen. 
Redaction und Administration : LINZ, Mozartstrasse 28. 
Herausgeber und Verleger: Eduard Kornhoffer. 
Man pränumeriert auf die OBERÖSTERREICHISCHE BAUZEITUNG: 
ganzjährig mit fl. 10. - . j ganzjährig mit . fl. 8 
halbjährig . . „ 5. - halbjährig ... „4 
„ 2.50 ^ I vierteljährig . . „2 
für die I 
Provinz I . . .... . 
< vierteljahrig 
Erscheint am 1. und 45. 
jedes Monat. 
INSERATE und OFFENER SPRECHSAAL laut aufgelegtem billigsten 
Tarif werden angenommen: Bei der Administration der „Ober¬ 
österreichischen Bauzeitung", Linz, Mozartstrasse 28, ferner bei 
allen grösseren Annoncen-Expeditionen des In- u. Auslandes. Eventuelle 
Reclamationen und Beschwerden direct an uns erbeten. 
Inhalt. Schutz der heimischen Industrie. — Braucht das Gewerbe 
eine Fachpresse? — Die neue Stilrichtung in der deutschen Architektur. 
(Scliluss.)— Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt. — Local-Baunotizen.— 
Technische Neuigkeiten. — Briefkasten. — Offene Stellen. — Angesuchte 
Baulicenzen in Linz. — Anmeldungen für Wasserbezug. — Inserate. 
Der Gesammtauflage unseres heutigen Blattes ist ein 
Circular der Hannoverschen Centralheizungs- und Appa¬ 
rate-Bauanstalt, Wien VI H/1, Piaristengasse 38, beigelegt, 
das wir zur Durchsicht unseren Lesern empfehlen. 
Schutz der heimischen Industrie. 
Da in unserer Landeshauptstadt demnächst Bau¬ 
arbeiten für grössere Neubauten zur Vergebung ge¬ 
langen , so glauben wir berechtigt zu sein, an jene Kreise, 
welche über diese Angelegenheit zu entscheiden haben, 
einige beherzigende Worte zu richten. Sagen wir es kurz 
heraus, wir wünschen diesmal ganz entschieden, dass die 
in Aussicht stehenden grösseren Baulichkeiten in Linz 
ohne jedwede fremde Beihilfe durch die heimische 
Industrie zur Ausführung gebracht werden. Wir wünschen 
dies umsomehr, als gerade die Bauindustrie bei uns eine 
tüchtige Vertretung aufweist, und es für sie deprimierend 
wirken muss, bei grösseren Aufgaben sich immer von 
den Nachbarsländern verdrängt zu sehen. Ob unser 
heimisches Baugewerbe auch imstande sei, den An¬ 
forderungen, die an grössere Bauausführungen gestellt 
werden zu entsprechen, dürfte keinem Zweifel unterliegen, 
wenn wir den Fortschritt ins Auge fassen, der. uns in der 
Neuzeit unverkennbar ins Auge tritt. 
Dass unsere Bauindustrie Gelegenheit hatte, sich 
künstlerisch und praktisch zu bilden, ist nicht nur der 
lebhaften Bautliätigkeit, sondern mehreren unserer Herren 
Architekten und Baumeister zuzuschreiben. Ihnen ist ës 
zu danken, dass in Linz nicht mehr Wohnhäuser nach 
der Schablone gebaut werden, sondern dass dieselben in 
constructiver und decorati ver Beziehung der Neuzeit ent¬ 
sprechen, und somit den Gewerbetreibenden Gelegenheit 
geben, zu zeigen, dass alles das, was gemacht werden soll, 
heute auch gemacht werden kann. Die Energie, welche 
von den geistigen Trägern der Bauwerke ausstrahlend 
auf die gesammte Bauindustrie einwirkte, hat es dahin 
gebracht, dass diese keine auswärtige Concurrenz mehr 
zu scheuen hat, und dort reüssieren muss, wo nicht 
Voreingenommenheit oder Nebeninteressen dem Fremden 
zum Siege verhelfen. 
Die Experimente, gewisse bauliche Ausführungen nur 
durch fremde Kräfte bewerkstelligen zu können, sind 
schon oftmals nicht glücklich ausgefallen, und haben 
weder in künstlerischer noch pecuniärer Hinsicht be¬ 
friedigende Resultate geliefert. Dies gilt namentlich von 
den Bildhauer-, Maler-, Schlosser- und Steinmetzarbeiten, 
von den Dachdeckungen und Eisenconstructions-Her- 
stellungen bei hiesigen grösseren Gebäuden, die gänzlich 
unparteiisch beurtheilt, von unserer heimischen In¬ 
dustrie in derselben Weise, in manchen Fällen auch 
solider hergestellt worden wären. Leider ist des Um- 
standes zu gedenken, dass in neuerer Zeit die Bautermine 
aus unbegreiflichen Gründen bei grösseren Bauten so kurz 
bemessen sind, dass der Provinz-Industrielle seine ganze 
Kraft anspannen muss, die erhaltenen Aufträge zur pünkt¬ 
lichen Zeit fertig zu bringen. Dass diese Termin¬ 
verkürzung in vielen Fällen zu Gunsten der Gross¬ 
industriellen in den Nachbarländern ausfällt, ist eine 
Thatsache, die vornehmlich vom localpatriotischen Stand¬ 
punkte aus nicht gebilligt werden kann. 
Man sollte daher bei allen grösseren Baulichkeiten, 
die nicht privater Natur sind, und wo es sich nicht um 
Zinsverluste handelt, die Bautermine auf eine Zeit an¬ 
setzen, die es dem Unternehmer ermöglicht, mit heimischen 
Kräften die Ausführung solid durchzuführen, statt ihn zu 
zwingen, in überstürzter Weise und mit fremder Hilfe 
seinen Auftrag ausführen zu können. 
Nachdem wir diese Zeilen über die Leistungsfähigkeit 
der heimischen Bauindustrie bezüglich unserer obigen 
Forderung vorauschickten, kommen wir auf das finanzielle 
Gebiet zu sprechen, das von mancher Seite als der Haupt¬ 
grund, durch fremde Kräfte producieren lassen zu müssen, 
angegeben wird. Es ist kein Geheimnis, dass wir auf 
mannigfachen Gebieten der Bauindustrie hinter unseren 
nachbarlichen Residenz- oder Grosstädten in Betreff des 
Kostenpunktes stehen, doch wir wollen es dahin gestellt 
sein lassen, ob es nicht dennoch ein Fehler sei, wenn 
namhafte Ausführungen bei öffentlichen Gebäuden, werden 
sie vom Staate, von der Landesregierung, oder von der 
Oommunalbehörde errichtet, der heimischen Industrie 
entzogen werden. Es drängt sich da die Meinung auf, 
dass der zweifelhafte Mehrbetrag, der allenfalls erforder¬ 
lich wäre, um der einheimischen Industrie solche Aus¬ 
führungen zu erhalten, demnach dem Gesammtwohle 
zum Opfer gebracht werden muss, und dass man ge¬ 
eigneten Orts Bereitwilligkeit zu zeigen hat, der heimischen 
Industrie das Feld bei diesen Arbeiten allein zu überlassen. 
d. r.
	        
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