Volltext: IV. Jahrgang, 1899 (IV. JG., 1899)

Seite 154. 
0 ß të R Ö S T E R R E10 HIS C H E HA UZEITUNÜ. 
»Nr. 20. 
Strömen mehr oder weniger der Fall ist. Treffend hat 
Professor E. Sue s s den Lauf der Donau mit einer an 
mehreren Punkten ihrer Länge aufgehängten Kette ver¬ 
glichen, und die festen Gebirgsmassen, welche ihre bogen¬ 
förmige Richtung bestimmen, die Aufhängepunkte der 
Kette benannt. 
Die scheinbare Ausnahme, welche der Oberlauf der 
Donau von Kelheim bis Pas sau macht, lässt sich 
leicht erklären, einerseits durch die gegen Nord gerichtete 
Neigung der bairischen Hochebene, anderseits den ge¬ 
waltigen Wasserstoss der zahlreichen Alpenflüsse und des 
reichlichen Grundwassers der'Alluvialebene, welche die 
Donau gegen den Steilrand des schwäbischen und 
fränkischen Jura gedrängt hat. Doch kaum hat die Donau 
die tief eingerissene Felsenge des Granitmassivs zwischen 
Pas s au und Asch bach passiert, so macht sie sofort 
eine starke Biegung nach Süd, und wird nur durch den 
Aufhängepunkt der Enge von Linz festgehalten. Auch 
hier drängen die wasserreichen Alpenflüsse die Traun 
und E n n s die Donau an den Südrand des Granitgebirges, 
bis sie nach dem Durchbruche zwischen Grein und' 
Kre in s das Tuli n e r Becken erreicht. Sofort wendet 
sich die Donau nach Süden und greift nach dem Durch¬ 
bruche der Wiener Sandsteinzone zwischen dem Kahle 11- 
berg und Bisamberg das rechte Ufer an; der Steil¬ 
rand von Nussdorf über Döbling, die Stadt Wien 
über E r d b e r g bis Simmering be weist heute noch 
den alten Lauf der Donau, die nur durch menschliche 
Kraft, speciell durch die grossen Regulierungen vom 
weiteren Angriffe auf das rechte Ufer abgehalten wird. 
Von Wien ab wird das rechte Ufer immer steiler, 
bis die Donau die Felsenge zwischen Hainburg und 
Pressburg erreicht. Nach der Aufnahme der March 
zur Linken rauscht die. Donau mit beschleunigter Ge¬ 
schwindigkeit zwischen den hohen Glimmerschieferbergen 
von Hainburg und den Granitmassiv des Thebener 
Kogels, auf welchem die malerische Burgruine thront, 
hindurch, und gewinnt bei der alten Krönungsstadt Press¬ 
burg freies Spiel sich auszubreiten in dem oberungarischen 
Becken, das sich bis Gran erstreckt. Beim Eintritte in 
das ungarische Becken ändern sich die Stromverhältnisse 
in hohem Grade. 
In dem.364 Kilometer langen Laufe von Passau 
bis Pressburg besitzt die Donau vollständig den 
Charakter eines mächtigen Gebirgsstromes. Bei einem 
Gefälle von 0*04 bis 0*05. Meter schwankt die Ge¬ 
schwindigkeit des Wassers zwischen 1-5 bis 2*5 Meter 
pro Secunde. In der 812 Kilometer langen Strecke von 
Pressburg bis B a zi as, woselbst wasserreiche Neben¬ 
flüsse, wie die Waag und Theiss zur Linken, die Drau 
und Save zur Rechten Aufnahme finden, steigert sich 
die Breite des Stromes von 356 auf 900 Meter, das Gefälle 
hingegen sinkt von 0*006 bis 0*004 Meter (pro 100 Meter), 
also acht- bis zehnmal geringer als im Oberlaufe, während 
die Geschwindigkeit .des Wasserlaufes sich von 1*6 bis 
auf 0*6 pro Secunde herabmindert. 
Bei einer durchschnittlichen W^asserhöhe von 3 bis 
8 Meter kommen hier Re mor quer s von 200 Pferdekraft 
in Anwendung, mit welchen Lasten von 20 bis 24.000 
Metercentner in Bewegung gesetzt werden, drei- bis 
viermal so viel als in der Strecke oberhalb Pressburg 
und Wien. Die 76 Kilometer lange Strecke von Press¬ 
burg bis Gönyö ist die verwildertste im ganzen 
Donaulaufe und das Haupthindernis der Schiffahrt. Nicht 
nur dass die Donau schon von Pressburg ab in drei 
Arme gethëilt ist — die grosse Schütt zur Linken, die 
kleine Schütt zur Rechten des Hauptgerinnes, so ist: 
dieses mit zahllosen Inseln und Sandbänken so an¬ 
gefüllt, dass der Stromstrich in vielfältigen Serpentinen 
sich windet, und diese seine Richtung beständig ändert. 
Als Ursache dieser Stromverwilderung ist die Theilung 
des Stromes, die plötzliche Verminderung der Geschwindig¬ 
keit und die damit verbundene Ablagerung der herab¬ 
geschwemmten Schuttmassen, mit einem Worte: das 
ehemalige Delta der Mündung des Stromes in das 
ungarische Becken zu betrachten. Den Boden dieser un¬ 
zähligen Inseln, belebt von zahlreichen Sumpf- und 
Was s er vögeln, vom schneeweissen Silber rei her 
bis zur schwarzen Komoranscharbe, bildet, eine 
wechselnde Lage eines glimmerreichen Thonschlammes 
des Silt, das Product der Hochwasser-Ueberschwemmung, 
festgehalten durch die Vegetations decke. Prächtige 
Au en bäume, Eichen und Eschen, Rüster und 
Weiden, haben von dem fruchtbaren Boden Besitz er¬ 
griffen und senken ihre tiefen Wurzeln in das Grund¬ 
wasser des Gerölles, welches die Basis des Silt bildet. 
Ausrottung der Auenwälder und Cultivierung des 
Bodens mit nachfolgender Ueberschwemmung hat den 
Silt in F1 u g s a il d verwandelt, welche die Insel S c h ü t/t 
berüchtigt machte. 
Unweit Gönyö vereinigen sich die Mehrzahl (1er 
Donauarme in ein gemeinsames Bett, das nach Aufnahme 
der wasserreichen Waag bei Komorn für die Schiffahrt 
vollkommen geeignet ist; an dem hohen rechten Ufer 
entlang wälzt die Donau ihre Fluten der Enge von 
Gran zu. i lochaufstrebende Trachy tberge, geschmückt 
durch den Gr an er Dom und die gewaltige Ruine 
Vi z s egra d zur rechten, scheiden in kurzer ErStreckung 
das kleine ungarische Becken vom grossen. 
Vom Anfangspunkte der Weite bei Wait zen nimmt 
der Strom in der unabsehbaren Ebene, die aus lockerem 
Materiale aufgebaut ist, sofort eine südliche Richtung an, 
rechts das steil abstürzende Lös eplateau, links endlose 
S ümpfe und Flugsand. Wenn wir das schmale Moör- 
terrain betrachten, welches am Westrand des Sand¬ 
plateaus von Kle.in-Ku manien in einer Länge von 
mehr als 150 Kilometer von Budapest an in Südost^ 
licher Richtung herabreicht, ferner die Spuren eines 
linksseitigen Steilrandes ins Auge fassen, so können 
wir nicht zweifeln, dass wir in dieser Richtung einen 
einstigen Lauf der Donau vor uns haben, während 
diese stetig ihr Bett in südwestlicher Richtung verlegt 
hat. Wer die mechanische Arbeitsleistung des 
strömenden Wassers in Verhältnis bringt zu. der hiezu 
nöthigen Zeit und das heute Vollendete schaut, der 
wird sich wohl bewusst der Jahr tau sei}de, welche 
zu diesen riesigen Veränderungen von der Diluvial¬ 
periode bis zur Gegenwart nothwendig waren. 
Arbeiter-Unfallversicherung. 
Beschlüsse desYorstandes in der Sitzung am 27.März 1899. 
1. Um den Betrag von 100.000 fl. sind Communal- 
obligation en der mährischen Landesculturbank à 99*35 fl. 
und um den Betrag von 60.000 fl. Silberrente (Jänner bis 
Juli).à 101*05 fl., und weiters für den Pensiorisfond um 
weitere 4000 fl. Silberrente anzukaufen. 
Die Beschaffung der Communalobligationen der 
mährischen Landesculturbank - ist. der Bank, für Ober-
	        
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